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Ukrainische Soldaten bereiten ihre Waffen für den Beschuss russischer Stellungen in der Region Charkiw vor.

© dpa/Andrii Marienko

Tag 194 der Ukraine-Invasion: Ukraine mit Erfolgen an der Front im Osten

Russlands Energieeinnahmen sind wohl höher als die Kriegsausgaben, Scholz spricht von „Sputnik Moment“. Der Überblick am Abend.

Auch in der Region um die zweitgrößte Stadt des Landes, Charkiw nördlich des Donbass, scheinen die Ukrainer nun erste Erfolge verbuchen zu können. Laut Videos und Berichten in den sozialen Medien haben Kiews Truppen die Kleinstadt Balakliia in Teilen erobert. Schon vor einigen Tagen hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj angekündigt, dass die Truppen an mehreren Frontabschnitten angreifen würden.

Schon vergangene Woche hatten die ukrainischen Truppen nördlich der Stadt Isjum Erfolge erzielt. Das ist insofern bemerkenswert, weil seit April eigentlich nur die russischen Truppen im Osten auf dem Vormarsch sind. Die Ausnahme bildeten die Geländegewinne für die Ukrainer rund um Charkiw, um die Stadt besser vor russischem Artilleriebeschuss zu schützen.

Die bisher kleinen Erfolge der ukrainischen Truppen zeigen vor allem eines: Dass durch die Offensive im Süden, wo Russland viele Truppen aus dem Osten hinverlegte, Lücken entstanden sind, die die Ukrainer nun ausnutzen können.

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • „Kein Szenario, von dem ich ausgehe“: Der Bundeswirtschaftsminister geht davon aus, dass Russland kein Gas mehr über die Pipeline Nord Stream 1 liefern wird. Siemens weist Gazproms Anschuldigungen derweil zurück. Mehr hier. 
  • Stromausfall nahe ukrainischem AKW Saporischschja: Nach erneutem Artilleriebeschuss beim südukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja ist es in der nahe gelegenen Stadt Enerhodar zu einem Stromausfall gekommen. Sowohl die von Russland eingesetzten Besatzungsbehörden als auch der aus der Stadt geflohene Bürgermeister Dmytro Orlow bestätigten den Vorfall am Dienstag im Nachrichtendienst Telegram. Dem Besatzungsvertreter Wladimir Rogow zufolge soll es sieben Einschläge im Bereich des Kraftwerk-Trainingszentrums gegeben haben. Ein Reaktor soll dennoch weiter 150 Megawatt für den Eigenbedarf der Kühlsysteme liefern. Mehr in unserem Liveblog. 
  • Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Schockwirkung durch den russischen Angriff auf die Ukraine mit der des sowjetischen Sputnik-Satelliten-Starts in den 60er Jahre verglichen. Damals habe der technologische Vorsprung der Sowjetunion im All zu einer Aufholjagd im Westen geführt, sagt Scholz bei der Preisverleihung für den Wettbewerb „Jugend forscht“. „Auch in diesem Jahr haben wir einen großen Schock erlebt“, fügt er mit Hinweis auf den russischen Angriff hinzu. 
  • Russlands Außenminister Sergej Lawrow wirft dem Westen vor, sich nicht an Zusagen zu halten, die im Zuge eines Abkommens zur Wiederaufnahme blockierter Getreideexporte aus ukrainischen Häfen gemacht worden seien. „Unsere westlichen Kollegen tun nicht, was uns vom UN-Generalsekretär versprochen wurde“, sagt er auf einer Pressekonferenz in Moskau. „Sie treffen keine Entscheidungen zur Aufhebung der Logistiksanktionen, die den freien Zugang von russischem Getreide und Düngemitteln zu den Weltmärkten verhindern.“ Lawrow sagt, er sei dabei, die Vereinten Nationen dazu zu drängen, dass die westlichen Länder ihren Teil des Getreideabkommens einhielten. 
  • Durch den Krieg hat die ukrainische Stahlindustrie ihrem Verband zufolge 40 Prozent ihrer Kapazität verloren. „Nach der Befreiung wird es unmöglich sein, diese Werke wieder zu eröffnen“, sagt Verbandschef Serhii Bilenky. Vor der russischen Invasion gehörte die Ukraine zu den weltweit größten Produzenten von Stahl und Stahlprodukten.
  • Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die gegen Russland verhängten Sanktionen des Westens für die Energiekrise in Europa verantwortlich gemacht. Die europäischen Länder würden „ernten, was sie gesät haben“, sagte Erdogan am Dienstag in Ankara. Putin setze alle seine Mittel und Waffen ein. „Erdgas ist leider eine davon“, sagte der türkische Staatschef. Er gehe davon aus, dass Europa in diesem Winter „ernsthafte Probleme“ haben werde. Für sein Land hingegen gelte dies nicht.
  • Ein Mangel an Aufklärungsdrohnen erschwert nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten zunehmend die Einsätze der russischen Truppen in der Ukraine. Das geht am Dienstag aus dem täglichen Update zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London hervor. „Angesichts von Verlusten auf dem Schlachtfeld ist es wahrscheinlich, dass Russland Schwierigkeiten hat, seine Bestände an unbemannten Luftfahrzeugen aufrechtzuerhalten“, hieß es in der Mitteilung auf Twitter. Das werde verschärft durch die mittels internationaler Sanktionen hervorgerufene Verknappung an Ersatzteilen.
  • Russland verdient mit dem Export von Öl, Gas und Kohle an Deutschland und andere Länder weiter Milliarden. In den ersten sechs Monaten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine habe Russland mit den Ausfuhren fossiler Energieträger aufgrund der stark gestiegenen Preise Einnahmen in Höhe von 158 Milliarden Euro erwirtschaftet, schrieb die unabhängige und in Finnland ansässige Forschungsorganisation Centre for Research on Energy and Clean Air (Crea) in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.
  • Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben vier russische Munitionsdepots in der Region Cherson zerstört. Auch würden Brücken über den Dnepr unter Beschuss genommen, teilt das Südkommando der ukrainischen Streitkräfte mit. Nachdem zunächst wenig über den Verlauf der ukrainischen Gegenoffensive im Süden der Ukraine bekanntgeworden war, meldeten die Behörden zuletzt Fortschritte im Norden der Region Cherson. Ein online veröffentlichtes Foto zeigt eine ukrainische Flagge, die auf einem Gebäude in dem Ort Wyssokopillja wehen soll. 
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat laut einem Bericht der „Welt“ Bitten des ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal um mehr militärische Unterstützung bei dessen Besuch in Berlin ausgeschlagen. Dabei sei es konkret um die Lieferung hochmoderner Leopard-2-Panzer durch die Industrie gegangen, berichtete das Blatt unter Berufung auf Angaben aus ukrainischen Regierungskreisen.
  • Im ersten Halbjahr sind nach Angaben der russischen Statistikbehörde 419.000 Menschen aus Russland ausgereist. Das sind mehr als doppelt so viele wie im vergleichbaren Vorjahreszeitraum, wie die die Nachrichtenagentur RBC in der Nacht zum Dienstag meldete. Damit sind erstmals in der jüngeren russischen Geschichte mehr Menschen aus- als eingewandert (322.000 Personen).
  • Russland bezieht wegen der westlichen Sanktionen einem Medienbericht zufolge Artillerie-Munition und Granaten aus Nordkorea. Das schreibt die britische Zeitung „Times“ unter Berufung auf kürzliche freigegebene Informationen des US-Geheimdienstes. Die Käufe zeigten, dass die Sanktionen zu greifen begännen und die Fähigkeit Russlands einschränkten, seine Invasion in der Ukraine aufrechtzuerhalten, zitiert das Blatt zwei US-Regierungsvertreter.

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