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Leichensäcke sind während der Exhumierung im kürzlich zurückeroberten Gebiet von Isjum zu sehen.

© dpa/AP/Evgeniy Maloletka

Tag 204 der Ukraine-Invasion: Enttäuschung bei US-Beamten über Wirkung von Sanktionen

Bund übernimmt Ruder bei Rosneft Deutschland, Hunderte Gräber in Isjum und mehrere Folterräume in Luhansk entdeckt. Der Überblick am Abend.

Stand:

Die US-Regierung hatte am Donnerstag viele weitere russische Behördenvertreter und Unternehmen auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Hochrangige US-Beamte zeigten sich gegenüber CNN nun aber enttäuscht, dass die seit Beginn des Krieges verhängten Strafmaßnahmen bisher nicht so große Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes gehabt hätten wie erwartet.

So heißt es in dem Bericht, man hätte gehofft, dass die Sanktionen die russische Kriegsmaschinerie schnell abwürgen würde. Allerdings sagte ein weiterer Beamter dem Sender, dass diejenigen, welche die Sanktionen ausgearbeitet hatten, immer davon ausgegangen seien, dass die größten Auswirkungen nicht sofort zu spüren seien. 

Man habe Russland langfristig unter Druck setzen wollen, so der Beamte, „wir haben dies also immer als ein langfristiges Spiel gesehen“. 

Die Diskrepanz zwischen den Erwartungen und der Realität erklärt sich der Sender damit, dass die US-Beamten unterschätzt hätten, wie viel Russland durch die steigenden Ölpreise verdienen würde – und dass es Länder gibt, die weiter russisches Öl kaufen.

„Die Vereinigten Staaten haben das unterschätzt, und wir haben nur langsam damit begonnen, über Sanktionen gegen Russlands Energieinteressen nachzudenken“, zitiert CNN den Sanktionsexperten Jason Blazakis. „Die Sanktionen haben die russische Wirtschaft sicherlich geschwächt, aber nicht in dem Maße, wie man es sich erhofft hatte. Und schon gar nicht in dem Maße, dass die Russen an den Verhandlungstisch gebracht wurden.“

Dennoch ginge man davon aus, dass die russische Wirtschaft mittel- und langfristig durchaus große Auswirkungen zu spüren bekäme. So wird ein europäischer Beamter mit den Worten zitiert: „Das Wichtigste, was Putins Regime am Leben hält, ist der hohe Ölpreis“, alles andere sei bereits eingefroren. 

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Die Bundesregierung hat angekündigt, die Mehrheitseigner der PCK-Raffinerie - zwei Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft - unter Kontrolle des Bundes zu bringen. Kanzler Olaf Scholz bezeichnete das Konzept als „weitreichende energiepolitische Entscheidung zum Schutz unseres Landes“. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Bei den Leichenfunden in Isjum handelt es sich Aussagen des ukrainischen Vermisstenbeauftragten zufolge nicht um ein Massengrab, sondern um viele Einzelgräber. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in seiner Videobotschaft zuvor von einem Massengrab gesprochen. Die Details dazu erfahren Sie hier.
  • In den zurückeroberten Gebieten im Nordosten der Ukraine sind laut ukrainischer Polizei Folterräume entdeckt worden. „Bis zum heutigen Tag kann ich von mindestens zehn Folterräumen in Orten der Region Charkiw sprechen“, sagte der nationale Polizeichef Igor Klymenko laut Interfax. Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • Die Reserven des russischen Militärs sind nach Einschätzung von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht kleiner als gedacht. „Die Vorstellung, die russische Armee verfüge quasi über unendlich militärische Möglichkeiten, ist nicht von der Realität gedeckt“, sagte sie in einem Reuters-Interview.
  • Im von Russland besetzten Gebiet Luhansk sind örtlichen Angaben zufolge hochrangige Mitglieder der von Moskau gelenkten Separatisten bei einem Anschlag getötet worden. Örtliche Medien hatten zuvor von einer Explosion im Gebäude der Staatsanwaltschaft berichtet.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will den Wunsch der Ukraine nach Lieferung deutscher Kampfpanzer bis auf Weiteres nicht erfüllen. Es sei „in absehbarer Zeit keine Veränderung“ der Position des Kanzlers zu erwarten, hieß es aus Kreisen der Bundesregierung.
  • Den russischen Truppen mangelt es nach britischer Einschätzung im Angriffskrieg gegen die Ukraine an Infanterie und Offiziersnachwuchs. Der Krieg habe erhebliche Auswirkungen auf die russische Personalstärke, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. 
  • Die US-Regierung hat der Ukraine weitere Militärhilfen zur Verteidigung zugesagt. Das US-Außenministerium kündigte Unterstützung für Kiew im Umfang von 600 Millionen US-Dollar (rund 600 Millionen Euro) an.

HINTERGRÜNDE UND ANALYSE

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