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Familienministerin Franziska Giffey kündigte zum Tag gegen Gewalt an Frauen mehr Bundesmittel für Frauenhäuser an.

© imago images/photothek

Tag gegen Gewalt an Frauen: Das Drama hinter den offiziellen Zahlen

Mehr Geld für Frauenhäuser ist gut, kann aber nicht alles sein. Denn die helfen erst nach der Tat – und nicht präventiv. Darauf kommt es aber an. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

An jedem Tag des Jahres versucht in Deutschland ein Mann eine Frau zu töten. An jedem. Das betonte Familienministerin Giffey angesichts der Statistik des Bundeskriminalamts zum Thema „Partnerschaftsgewalt“. 2018 wurden hierzulande 122 Frauen von einem Partner oder Ex-Partner getötet, mehr als 114 000 Frauen zeigten Gewalt, Drohungen oder Nötigungen durch Männer an. Offizielle Zahlen beleuchten das so genannte Hellfeld, also die amtlich bekannten Fälle. Ungleich mehr, davon gehen Fachleute aus, verharren im Dunkelfeld, in der Sphäre, wo es Angst gibt, Vertuschung, Rechtsignoranz und Abhängigkeiten, und wo daher der Gang zur Polizei gescheut oder vereitelt wird.

Schon das Hellfeld ist düster genug. Sein alarmierender Befund ist allerdings lange bekannt. Nun will der Bund im Lauf der kommenden fünf Jahre dem Ausbau und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen 120 Millionen Euro zukommen lassen.

Frauenhäuser helfen in der Not - beugen aber nicht vor

Das klingt viel und ist, in die Praxis übersetzt, sehr bescheiden – rund zwei Millionen pro Monat, unter anderem für die 350 existierenden Frauenhäuser mit ihren derzeit 7000 Plätzen. Die Ministerin schätzt den Bedarf an Plätzen auf 20 000.

Doch mit den Schutzhäusern wird vor allem aufgefangen, wer in Not ist, präventiv wirken sie nur begrenzt. Frankreich indes verschärft wegweisend das Strafrecht. Dort soll es teils strafbar werden, „psychischen Druck“ auf Frauen auszuüben, da er meist der Auftakt körperlicher Gewalt ist. Gelockert werden soll zum Schutz Betroffener auch die ärztliche Schweigepflicht.

Das wird auch für Gewaltdelikte gegen Minderjährige gefordert. Teil der Wahrheit über „häusliche“ Gewalt ist ja ebenso, dass alle drei bis fünf Tage in Deutschland ein Kind durch Misshandlungen von Eltern oder anderen Erwachsenen im familiären Umfeld stirbt.

Wie regelt man Konflikte ohne Gewalt?

Während Opfer sexueller Übergriffe und Vergewaltigungen zu 98,4 Prozent weiblich sind, sind Männer zu elf Prozent von „vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung“ in Paarbeziehungen betroffen. Knapp 20 Prozent der Partnerschaftsgewalt gehen von Frauen aus, und Männer zeigen solche Delikte noch viel seltener an. Frankreich will auch Männerhäuser einrichten.

Auf den Zwischenraum kommt es an, den Raum zwischen den Geschlechtern. In diesen Raum muss Aufklärung darüber einziehen, wie Sprechen, Verhandeln, Streiten gelingt, wie Trennen und Versöhnen, Distanz und Nähe ohne Gewalt bewältigt werden können. Kaufen kann keiner diese Fähigkeiten, aber sie sind erlernbar. Emotionale Intelligenz lässt sich üben. Auch Schutzhäuser für Frauen und Männer müssen Orte solcher Aufklärung sein. Die Rendite solcher Investition in das, was im Wortsinn „soft skills“ sind, ist enorm.

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