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Hamburg geht bereits mit Fahrverboten für Lastwagen mit Diesel-Motor bis Euro 5 gegen die Luftverschmutzung vor.

© Daniel Bockwoldt/dpa

Treffen von Bund und Kommunen: Bürgermeister wollen Diesel-Fahrzeuge nachrüsten

Um die Verbesserung der Luftqualität ging es beim Treffen des Bundes und fünf ausgewählten Modellstädten. Es zeigt: Software-Updates von Diesel-Fahrzeugen reichen nicht aus.

Die von der Bundesregierung ausgewählten Modellstädte für eine Verbesserung der Luftqualität unterstützen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) in ihrer Forderung nach Hardware-Nachrüstungen von Diesel-Pkw. Das wurde am Dienstag in Berlin bei einem Treffen von Schulze, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und den Bürgermeistern von Bonn, Essen, Reutlingen, Herrenberg und Mannheim deutlich. Der Bonner Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan (CDU) sagte: „Die Luftwerte haben sich verbessert, sie sind aber immer noch nicht gut genug.“ Deshalb seien Eingriffe an der Technik nötig und nicht nur Software-Updates. Hintergrund sind drohende Fahrverbote, wenn die Grenzwerte für Stickoxide in den Innenstädten auch in Zukunft überschritten werden. 2017 war das in 65 Kommunen der Fall, 2016 noch in 90.

Die Reutlinger Bürgermeisterin Ulrike Hotz (parteilos) betonte: „Wir brauchen kurzfristig wirkende Maßnahmen.“ Deshalb sei sie für die Hardware-Nachrüstung. Der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) schloss sich der Forderung an und verwies auf die hohen Schadensersatzforderungen gegen die Autoindustrie im Ausland. Vergleichbares gebe es in Deutschland nicht.

So stand Verkehrsminister Scheuer isoliert da. Er äußerte zwar den Wunsch, dass „hier nicht so viel über Hardware- Nachrüstung geredet wird“ – nur um sogleich zu betonen, dass er gegen diese „rechtliche und technische Bedenken“ habe. Diese hat der CSU-Mann aber offenbar nur bei Pkw. In diesem Fall hält er es für falsch, einige Jahre alte Dieselfahrzeuge nachzurüsten. Bei Dieselbussen hält er das hingegen auch nach einer Laufleistung von mehreren Hunderttausend Kilometern für sinnvoll.

Alle Modellstädte wollen den öffentlichen Personennahverkehr verbessern

Scheuer und seine Kabinettskollegin Schulze gaben offen zu, dass sie hier einen Dissens haben. Schulze sagte, sie würde sich wünschen, dass sich die Autohersteller „beim Thema Nachrüstung etwas kooperativer zeigen würden“. Anders habe sich der Verband des Kfz-Gewerbes verhalten, mit dem sie unlängst ein Gespräch hatte. Ende September will das Bundeskabinett eine Entscheidung fällen.

Große Einigkeit gab es zwischen den Ministern und den Bürgermeistern dagegen über die Verkehrsprojekte in den Modellstädten. Einziger kleiner Seitenhieb: Scheuer strich heraus, dass 125,6 von insgesamt 130 Millionen Euro im Fördertopf aus seinem Haus stammen. Demnach kommt nur ein sehr kleiner Teil aus dem Umweltministerium. Vertreter der Städte berichteten später aber, dass diese Verteilung vom Finanzministerium festgelegt worden und demnach nicht Scheuers Verdienst sei. Knapp 113 Millionen Euro aus dem Topf sind vergeben. Umgesetzt werden die Maßnahmen 2019 und 2020, für diese Zeit gilt die Finanzierung.

Befürchtungen, dass die Programme zusammengestrichen werden, sobald die Bundesförderung ausläuft, versuchten alle Beteiligten zu zerstreuen. Feste Zusagen gibt es zwar noch nicht, aber Programme, die sich bewähren, sollen fortgesetzt werden und auch als Vorbild für andere Städte dienen.

Eine Gemeinsamkeit der fünf Modellstädte: Sie wollen den öffentlichen Personenverkehr ausbauen und preisgünstiger machen. Bonn und Reutlingen führen nach dem Vorbild Wiens ein Jahresticket für 365 Euro ein. Bonn verkauft ein Tagesticket für fünf Personen zum Preis von einem für einen Fahrgast. Herrenberg verbilligt das Tagesticket von sieben auf drei Euro. Bus- und Bahnlinien werden ausgebaut, die Takte verdichtet. Auch Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Jobtickets geben wollen, werden unterstützt. Mannheim hat bereits 2017 eine Handy-App eingeführt, die jede Fahrt im öffentlichen Nahverkehr automatisch abrechnet und dabei nur die Luftlinie zugrunde legt. Die Industriestadt schafft Hybridbusse mit Verbrennungs- und Elektromotor an, die gezielt zu den großen Arbeitgebern fahren. Außerdem baut Mannheim einen Micro-Hub auf, von dem aus Waren mit E-Lastenrädern ausgeliefert werden. Und eine Seilbahn soll Güter zwischen Mannheim und Ludwigshafen über eine Wasserstraße hinweg transportieren.

Die Stadt Herrenberg baut Parkplätze am Straßenrand ab und schafft stattdessen Bus- und Fahrradspuren. Eine dynamische Verkehrslenkung soll genau anzeigen, bei welchem Tempo grüne Welle gilt. Je nach Belastung der Straßen sollen Durchfahrtsverbote für Lkw gelten. Fahrradstraßen und Radschnellwege sind in Reutlingen und Essen geplant.

Durch all diese Maßnahmen, sagte Schulze, würden die Städte attraktiver und die Luft besser. „Stickoxid ist ein Reizgas und gerade für Kinder und ältere Leute enorm gefährlich.“ Scheuer sagte, Software-Updates brächten ja ohnehin schon 30 Prozent Minderung.

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