
© Foto: Anadolu Agency/ Emin Sansar
Ukraine-Invasion Tag 216: Worauf die Ukrainer für einen Sieg setzen
Selenskyj-Berater Podolyak hofft auf eine demoralisierte russische Armee, russische Behörden wollen Exodus stoppen, die EU plant neue Sanktionen. Der Überblick am Abend.
Stand:
Mykhailo Podolyak, Berater des ukrainischen Präsidenten glaubt an eine Möglichkeit, dass der Krieg in absehbarer Zeit endet. Falls eine der besetzten Provinzhauptstädte Donezk oder Luhansk erobert werde, dauere es wohl noch rund drei Monate bis die russische Armee wegen Demoralisierung zerfällt.
Was erst einmal wie eine kühne Hoffnung klingt, hat aber durchaus eine Basis. Schon vom ersten Tag der Invasion ist die Moral in Teilen der russischen Armee schlecht. Zahlreiche Fälle von Desertationen sind bekannt, zuletzt sollen sich gar ganze Verbände geweigert haben, weiterzukämpfen.
Die Versorgungslage ist in Teilen der Ukraine für die russischen Truppen katastrophal, und sie wird sich mit dem hereinziehenden Winter nicht verbessern. Noch ist unklar, ob Russland seine Soldaten und die neuen Rekruten mit ausreichend Winterausrüstung versorgen kann (die ukrainische Armee hat punktuell mit ähnlichen Problemen zu kämpfen).
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Nun kommt hinzu, dass die russischen Truppen in der Defensive sind. Alle Soldaten die Zeitverträge hatten, wurden zudem durch Putins Dekret ohne vorherige Ansage in der vergangenen Woche für unbestimmte Zeit an der Front gebunden. Putin ist seinen Soldaten gegenüber vertragsbrüchig geworden. Und auch die eingezogenen Rekruten werden in ihrer Mehrheit nicht kampfbegeistert sein. Der Effekt auf die Kampfbereitschaft insgesamt lässt sich erahnen.
Und zuletzt: Der Ukrainefeldzug ist von Putins politischen Vorgaben geprägt, nicht vom militärisch Machbaren. Das muss Soldaten und Offiziere frustrieren. Der Kremlchef verbot zuletzt seinen Generälen den Rückzug aus Cherson, auch die letzten fast verzweifelten Offensivaktionen im südlichen Donbass, die einen hohen Blutzoll fordern, werden aufrechterhalten, weil die Eroberung des Donbass Putins vorrangiges Kriegsziel ist. Wie lange sich die Soldaten und militärischen Entscheider das wohl noch gefallen lassen? Nicht mehr lange, hoffen die Ukrainer.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Gazprom droht mit Lieferstopp über Ukraine-Pipelines: Nach den Anschlägen auf die zwei Ostsee-Pipelines Nord-Stream droht der nächste Dämpfer für Europas Gasversorgung. An den Börsen schossen die Gaspreise am Mittwochmorgen in die Höhe. Mehr hier. Alles zu den mutmaßlichen Anschlägen auf die Pipelines Nord Stream 1 und 2 lesen Sie weiter unten.
- Von der Leyen legt achtes EU-Sanktionspaket samt Ölpreisdeckel vor: Wegen des Krieges in der Ukraine hat die EU bereits mehrere Sanktionen gegen Russland erlassen. Nun soll ein weiteres Paket folgen. Mehr hier.
- Laut einem Bericht des Innenministeriums gibt es keine Hinweise auf unrechtmäßigen Leistungsbezug durch ausgereiste ukrainische Geflüchtete in Deutschland. Zuvor warf ihnen CDU-Chef Merz „Sozialtourismus“ vor. Mehr hier.
- Wie „Die Zeit“ berichtet, liefert die Bundesregierung nicht nur Waffen an die Ukraine, sondern auch Geheimdienstinformationen. Dabei geht es um Aufklärungserkenntnisse. Mehr hier.
- Angela Merkel rät, Putin ernst zu nehmen: Bei der Eröffnung der neuen Helmut-Kohl-Stiftung zieht Angela Merkel Lehren aus dessen Kanzlerschaft. Und spricht auch über den russischen Präsidenten. Mehr hier.
- Im ostukrainischen Gebiet Donezk droht den russischen Truppen die Einkesselung durch die ukrainische Armee. Russische Kriegsreporter berichteten am Mittwoch von erfolgreichen ukrainischen Vorstößen nordöstlich und östlich der Kleinstadt Lyman. Sollte die Siedlung Torske zurückerobert werden, drohen die Verbindungswege der Russen von Lyman nach Kreminna und Swatowe im Luhansker Gebiet angeschnitten zu werden. Die Straßen stehen bereits unter Beschuss durch die ukrainische Artillerie. Mehr im Liveblog.
- In der russischen Hauptstadt Moskau hat der Geheimdienst FSB nach eigenen Angaben einen ukrainischen Spion festgenommen. Der Verdächtige sei „ukrainischer Staatsbürger, er war Agent des SBU (ukrainischer Geheimdienst) und hat im Frühjahr 2022 die Aufgabe vom Geheimdienst bekommen, Daten über russische Militärtechnik auf russischem Gebiet zu sammeln“, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Tass am Mittwoch unter Berufung auf FSB-Kreise.
- Die USA bereiten nach eigenen Angaben neue Sanktionen gegen Russland vor. Die Regierung in Moskau werde für die „Scheinreferenden“ in den besetzten Teilen der Ukraine einen hohen Preis zahlen müssen, erklärt der Koordinator der Strafmaßnahmen im Außenministerium, James O’Brien. Man arbeite zu diesem Zweck mit Verbündeten und Partnern zusammen. Der Fokus der Sanktionen liege weiterhin auf militärischen Lieferketten und vulnerablen Stellen in der russischen Wirtschaft.
- Angesichts der in Russland laufenden Mobilmachung haben die USA ihre Staatsbürger erneut zur Ausreise aus dem flächenmäßig größten Land der Erde aufgefordert. Die Botschaft der Vereinigten Staaten in Moskau warnte am Mittwoch, Russland könnte Menschen mit doppelter US- und russischer Staatsbürgerschaft an der Ausreise hindern und zum Militärdienst einziehen.
- Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich als Vermittler in Verhandlungen über eine Waffenstillstandszone um das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine angeboten. Im Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe Erdogan eine Herangehensweise nach Vorbild des Getreideabkommens angeboten, teilte der türkische Präsidialpalast am Mittwoch mit.
- Russland wird keine Reisepässe mehr an Staatsbürger ausgeben, die im Rahmen der Teilmobilmachung zum Dienst an der Waffe eingezogen werden. Den Betroffenen werde „der Reisepass verweigert“, teilte die russische Regierung am Mittwoch auf ihrer Website mit. An den Grenzübergängen zu Finnland und Georgien wurden zudem Rekrutierungsbüros aufgestellt. Außerdem erschwerten die Behörden die Durchreise in die Grenzregion zu Georgien. Seit Putins Ankündigung einer Teilmobilmachung haben bis zu 260.000 Russen das Land verlassen.
- Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will Russen, die die Einberufung zum Militär wegen des völkerrechtswidrigen Krieges in der Ukraine verweigern, in Deutschland aufnehmen. „Ich bin dafür, diesen Menschen Schutz anzubieten“, sagte Scholz der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
- Nach den Scheinreferenden in vier besetzten Gebieten in der Ost- und Südukraine zeichnet sich der weitere Fahrplan für die geplante völkerrechtswidrige Annexion durch Russland ab. Die beiden russischen Parlamentskammern wollen am Montag und Dienstag über die Annexionen entscheiden.
- Künftig wird auch in der Türkei das Bezahlen mit Bankkarten des russischen Bezahlsystem Mir nicht mehr möglich sein. Drei öffentliche türkische Banken werden die Nutzung des Systems in absehbarer Zeit einstellen, wie ein ranghoher türkischer Behördenvertreter am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP sagte. „Es gibt laufende Zahlungen, aber ein zukünftiges Datum (für die Einstellung) wurde festgelegt.“
- Die G7-Staaten sagen der ukrainischen Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko ihren Angaben zufolge Unterstützung bei dem Vorhaben zu, eingefrorene russische Staatsvermögen für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden. „Uns ist bewusst, dass dafür in vielen Staaten die Rechtslage angepasst werden muss, aber damit muss jetzt begonnen werden. Das haben wir beim G7-Handelsministertreffen mit allen Partnern besprochen“, sagt Swyrydenko der Zeitung „Welt“.
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