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Im Februar 2011 wurden 132 Deutsche in Libyen mit Transall-Maschinen der Bundeswehr evakuiert.

© dpa/Bundeswehr

Bundeswehr im Ausland: Umstrittener Einsatz in der Wüste

Für einen Bundeswehr-Aktion in Libyen vor vier Jahren hatte die Regierung nicht die Zustimmung des Bundestags eingeholt. Dagegen hat die Grünen-Fraktion vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt..

Das Bundesverfassungsgericht steht vor einer Grundsatzentscheidung über die Beteiligungsrechte des Parlaments bei eiligen Bundeswehreinsätzen im Ausland. Zu verhandeln haben die Richter über eine Organklage der Grünen-Fraktion. Sie richtet sich gegen die Weigerung der Bundesregierung, für eine militärisch begleitete Evakuierungsaktion in Libyen im Februar 2011 die Zustimmung des Bundestags einzuholen.

Damals war angesichts der Unruhen in Tunesien und Ägypten auch die innenpolitische Lage in Libyen eskaliert. Die Bundesregierung schickte kurzfristig Transall-Maschinen, um Mitarbeiter deutscher Firmen auszufliegen. Mit an Bord der mit Flugabwehrraketen bestückten Maschinen waren bewaffnete Soldaten. 132 Menschen wurden schließlich außer Landes gebracht, darunter 22 Deutsche.

Humanitärer oder militärischer Einsatz?

Muss das Parlament gefragt werden, wenn die Regierung solche Noteinsätze in Krisengebieten befehligen will? Innenminister Thomas de Maizière (CDU), der nach dem Einsatz an die Spitze des Verteidigungsressorts gekommen war, meint nein: „Es ging allein um die Rettung deutscher Staatsangehöriger mit logistischen Mitteln der Bundeswehr“, sagte er bei der Verhandlung. Die Waffen seien nur vorsorglich an Bord gewesen, zur Eigensicherung. Für ihn ein humanitärer Einsatz und ein Paradebeispiel dafür, wann die Exekutive allein entscheiden dürfe.

Der Grünen-Abgeordnete Frithjof Schmidt warf der Regierung dagegen vor, das gefährliche Geschehen von damals schönzureden und das Recht zu verbiegen. Auf diese Weise werde der Parlamentsvorbehalt „schleichend ausgehöhlt“. Damit werde die Schwelle angehoben, das Parlament um sein Mandat zu bitten. „Auch ein humanitärer Einsatz kann ein bewaffneter Einsatz sein.“

Nur bei Gefahr im Verzug

Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundeswehr in seiner Rechtsprechung als „Parlamentsheer“ definiert. Nur ausnahmsweise, bei Gefahr im Verzug, kann ein bewaffneter Streitkräfteeinsatz ohne Zustimmung des Bundestags befehligt werden, sie ist dann aber nachträglich erforderlich. Nötig ist ein solches Mandat immer, wenn Soldaten „in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind“. „Was dies genau bedeutet, ist unter anderem im vorliegenden Verfahren zu klären“, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle.

Der Vertreter der Grünen, der Berliner Staatsrechtler Christoph Möllers, lenkte den Blick auf die politische Dimension. Es handele sich nicht um einen Gefallen, den der Bundestag dem Parlament erweise, sondern „der Bundestag übernimmt Verantwortung, damit die Vorgänge unter Kontrolle der Öffentlichkeit bleiben“.

Ob die Klage erfolgreich sein wird, hängt auch stark davon ab, wie die Richter die schwer zu durchdringende Situation Anfang 2011 bewerten. Immerhin hatte es schon Pläne für eine umfängliche Evakuierungsaktion („Operation Pegasus“) mit rund 1000 Soldaten gegeben, was dafür spräche, dass den Verantwortlichen die militärischen Risiken bewusst gewesen sein dürften. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

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