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„Uns droht der Ausverkauf unserer Heimat“: Bayern reicht in Karlsruhe Verfassungsklage gegen die Erbschaftssteuer ein
Die CSU kritisiert an der Erbschaftssteuer unter anderem, dass Erben im Freistaat aktuell bundesweit benachteiligt seien. Andere Parteien monieren die Klagewut der Bayern.
Stand:
Die bayerische Staatsregierung hat ihre seit Monaten immer wieder angedrohte Verfassungsklage gegen die Erbschaftssteuer beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.
„Ab jetzt liegt es in den Händen des Gerichts, die ausein andergehende Schere zwischen seit 14 Jahren stagnierenden Freibeträgen und drastisch steigenden Immobilienpreisen zu bewerten und hoffentlich wieder zu schließen“, sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München. Den Angaben zufolge war die Klageeinreichung bereits am Freitag erfolgt.
Mit dem Antrag soll über eine verfassungsrechtliche Überprüfung des Gesetzes der Weg für eine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, Senkung der Steuersätze und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer geöffnet werden.
Bayern blieb nichts anderes übrig, als zu klagen.
Albert Füracker, Finanzminister CSU
Die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer wurden seit 2008 nicht erhöht. Im Gegensatz dazu seien - so die Kritik Bayerns - die Inflation sowie die Boden- und Immobilienpreise massiv gestiegen.

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„Wir haben vielfach versucht, die Bundesregierung zu überzeugen, die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer zu erhöhen - es wird uns immer nur die kalte Schulter gezeigt. Daher blieb Bayern nichts anderes übrig, als zu klagen“, sagte Füracker.
Die Erbschaftsteuer stehe in voller Höhe den Ländern zu, daher sollten diese über die Ausgestaltung entscheiden. „Bayerns Klage zielt auf eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer - für geringere Steuersätze und höhere Freibeträge. Jeder muss das Elternhaus erben können, ohne dass die Erbschaftsteuer ihn zum Verkauf zwingt. Uns droht der Ausverkauf unserer Heimat.“
Kritik: Bayern werden derzeit benachteiligt
Bayern moniert zudem an der Steuer, dass sich der Wert bei Grundstücken bundesweit sehr unterschiedlich entwickelt habe und dadurch die Erben in Bayern benachteiligt würden, da hier höhere Steuern anfielen. Bundeseinheitliche Freibeträge und Steuersätze seien unfair und würden nicht den regionalen Verhältnissen gerecht.
Füracker erneuerte in dem Kontext seine massive Kritik an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der noch im Frühjahr 2022 den bayerischen Vorstoß zur Erhöhung der Freibeträge abgelehnt und mitgeteilt habe, dieser stehe „nicht auf der Agenda“.
„Gleichzeitig wurden, versteckt in einem rund 150 Seiten dicken Gesetzentwurf, neue Regeln für die Immobilienbewertung eingeführt, die zu deutlichen steigenden Erbschaftsteuern führen“, so Füracker.
Lindner vermutet hinter Klage ein Wahlkampfmanöver der CSU
Lindner selbst hatte der CSU dagegen mit der Klage ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver vorgeworfen.
Der Bund könne nicht - wie von Söder und anderen Vertretern der Staatsregierung behauptet - „im Alleingang über den Wegfall von Steuereinnahmen entscheiden, die allein den Ländern zustehen. Eine solche Initiative muss deshalb von der Mehrheit der Länder kommen.“
Kritiker bemängeln Klagewut der CSU
Auch Vertreter anderer Parteien sehen in der aktuellen Klagewut Bayerns ein Wahlkampfmanöver.
Das Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisierte am Sonntag in Berlin, die Verfassungsklage gehe an der Realität vorbei, weil ohnehin nur rund fünf Prozent der Menschen in Bayern so viel erbten, dass sie diese Steuer bezahlen müssen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) trage mit seiner Klage zur Spaltung der Gesellschaft bei, wenn er die Reichsten bei der Besteuerung ausklammere.
Die Bürgerbewegung Finanzwende wirft Söder vor, für die Milliardäre in ganz Deutschland zu kämpfen. Er habe „verfassungswidrige Privilegien“ für die Allerreichsten mitzuverantworten, weil er das geltende Recht als bayerischer Finanzminister mit verhandelt habe. „Leidtragende sind am Ende alle Steuerzahlenden, auch die bayerischen, die weiter milliardenschwere Steuerprivilegien für Superreiche finanzieren müssen“, erklärte die Bewegung in Berlin.
Erst vor wenigen Tagen hatte der Freistaat wie die CSU gegen das neue Wahlrecht für den Bundestag Klage in Karlsruhe einreicht. In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt.
Füracker lässt Lindners Kritik nicht gelten: „Wir reden hier von einem Bundesgesetz, der Bundesfinanzminister und seine Partei können jederzeit handeln. Statt endlich Fakten zu schaffen wird nur auf die Länder verwiesen - das grenzt an Arbeitsverweigerung.“ (dpa/epd)
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