US-Raketenabwehr: "Unsere oberste Priorität bleibt Abrüstung"
Die Bundesregierung hofft im Streit über die geplante amerikanische Raketenabwehr in Europa auf eine einvernehmliche Regelung. Außenminister Steinmeier warnte vor einem neuen Wettrüsten.
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Berlin - Außenamtschef Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) machten sich dafür stark, das Thema in der Nato zu erörtern. Ein Raketenabwehrsystem dürfe "weder Ursache noch Vorwand für eine neue Rüstungsrunde sein", mahnte Steinmeier. Kein noch so ausgereiftes militärisches Abwehrsystem könne hundertprozentigen Schutz gewähren. "Unsere oberste Priorität bleibt deshalb Abrüstung, nicht Aufrüstung. Wir wollen kein neues Wettrüsten in Europa", unterstrich der SPD-Politiker
Auch dürfe die Debatte um die Raketenabwehr nicht Europa spalten, mahnte Steinmeier: "Weder die Nato noch die EU darf sich über die notwendige offene Debatte entzweien", unterstrich der SPD-Politiker. Den geeigneten Rahmen zur Diskussion der Vor- und Nachteile eines Raketenabwehrsystems in Europa biete die Nato. "Ziel der Debatte muss eine gemeinsame Lösung sein, die niemanden provoziert. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, Deutschland bevorzuge eine Lösung innerhalb der Nato. "Das sage ich auch offen unseren polnischen Nachbarn und Russland. Die Chancen für eine einvernehmliche Lösung stehen gar nicht so schlecht", fügte die Regierungschefin hinzu.
Jung betonte, die Raketenabwehr sei ein strategisches Thema gemeinsamer transatlantischer Sicherheit, bei dem die Interessen aller Bündnispartner berührt seien. Deshalb sei die Nato der richtige Ort, dieses Thema zu behandeln. Jung unterstrich zugleich: "Wir dürfen nicht in Zeiten des Kalten Krieges zurückfallen, den wir zum Glück überwunden haben." Es gebe gemeinsame Sicherheitsinteressen mit Russland, wie das Beispiel Iran zeige.
Stoiber: Russlands Sorgen ernst nehmen
CSU-Chef Edmund Stoiber bekräftigte seine kritische Haltung gegenüber den US-Raketenplänen. Er plädierte dafür, die Sorgen Russlands ernst zu nehmen: "Die Fragen nach einem Raketenabwehrsystem muss man genau prüfen, weil sie das Verhältnis Europas, der Nato und damit auch Deutschlands zu Russland ernsthaft berühren", sagte Stoiber. Keinesfalls dürfe das Verhältnis Europas zu Russland in Mitleidenschaft gezogen werden.
FDP-Chef Guido Westerwelle warnte, die gegen den Protest Russlands beabsichtigte Raketenstationierung in Polen und Tschechien werde der Beginn einer Aufrüstungsspirale sein. Zugleich sei mit den US-Raketenplänen eine Spaltung Europas verbunden. Merkel solle deshalb nicht nur in Polen, sondern auch in Prag und Washington gegen die Raketenstationierung Stellung beziehen.
Trittin: Falsches Signal
Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin warf Washington vor, sich mit dem Projekt gegen Russland zu stellen. "Der amerikanische Vorschlag bedient Mentalitäten in Polen und Tschechien, wo das Denken in Kategorien des Kalten Krieges noch verbreitet ist. Er ist ein Signal gegen Russland", sagte Trittin. (tso/ddp)
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