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EU-Währungskommissar Pierre Moscovici.

© François Lenoir/Reuters

Euro-Rettungsfonds: Unter Aufsicht

Die Bundesregierung plant den Aufbau eines europäischen Währungsfonds. Die EU-Kommission will sich aber keine Kompetenzen wegnehmen lassen.

Es geht wieder einmal um einen großen Wurf für Europa. Und wie das mit wichtigen Weichenstellungen für die Zukunft der EU so üblich ist, sind sie unter den Beteiligten heftig umstritten. Der Streit dreht sich um einen Krisenfonds, aus dem gegenwärtig die Milliarden des dritten Griechenland-Hilfspakets fließen: der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) mit Sitz in Luxemburg. Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) wollen den Luxemburger Rettungsfonds nach dem Modell des Washingtoner IWF zu einem europäischen Währungsfonds aufwerten. Dabei wollen Merkel und Schäuble einem neuen europäischen Währungsfonds die Möglichkeit geben, die Finanzen sämtlicher Euro-Staaten zu überwachen. Doch EU-Währungskommissar Pierre Moscovici ist dagegen. Der Grund: Die Überwachung der Haushaltspolitik in den Euro-Staaten gehört bislang zu den Aufgaben der EU-Kommission.

EU-Währungskommissar Moscovici sprach in Berlin über die Pläne

Am Dienstag traf Moscovici in Berlin unter anderem den Finanzstaatssekretär Jens Spahn und den Bundestagsabgeordneten Ralph Brinkhaus (beide CDU). Dabei dürfte auch der von Berlin vorangetriebene Umbau des Luxemburger ESM eine Rolle gespielt haben. Zuvor hatte Moscovici in Brüssel gefordert, dass ein europäischer Währungsfonds „kein total technokratisches Gremium“ sein dürfe. Der Hintergrund: In der Vergangenheit hatte die EU-Kommission bei ihrer Bewertung der Haushaltspolitik in angeschlagenen Euro-Staaten immer wieder politische Nachsicht walten lassen – zu viel Nachsicht aus Berliner Sicht.

Der von Merkel und Schäuble favorisierte Ausbau des jetzigen Rettungsfonds zu einer Institution, die auch die Finanzen in den 19 Euro-Ländern bewertet, würde nach Ansicht der Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der EU darstellen. Spätestens nach der Bundestagswahl dürfte die Debatte darüber in Fahrt kommen, wie die Zukunft der Europäischen Union nach dem Brexit aussehen soll.

Merkel hat bereits erkennen lassen, dass sie dabei eine EU der „verschiedenen Geschwindigkeiten“ favorisiert. Dies könnte unter anderem bedeuten, dass sich die Staaten der Euro-Zone enger zusammenschließen. Grundsätzlich findet Merkel dabei auch die Unterstützung durch François Hollande. Frankreichs scheidender Staatschef hatte die Kanzlerin am Montagabend gemeinsam mit den Regierungschefs aus Italien und Spanien zu einem Mini-Gipfel nach Versailles eingeladen. „Einige Länder“, betonte Hollande bei dem Treffen, könnten künftig innerhalb der Europäischen Union „schneller vorangehen“. Als mögliche Bereiche nannte er die Verteidigungspolitik und eine Vertiefung der Währungsunion.

Grünen-Politiker Giegold befürchtet Aushebelung der EU-Institutionen

Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold befürchtet aber, dass der Ausbau des ESM zum europäischen Währungsfonds unter Umgehung des EU-Parlaments und der Kommission geschehen soll. Im Rat der Mitgliedsländer betreibe die Bundesregierung „die Untergrabung der EU-Institutionen“, so Giegold. Vom SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz „hört man dazu nichts“, kritisierte er.

Dagegen hält man in der Bundesregierung den Aufbau eines europäischen Währungsfonds für ein geeignetes Instrument, um mögliche künftige Turbulenzen in der Euro-Zone abzufedern. Als nicht ausgeschlossen gilt, dass Griechenland nach dem Abschluss des gegenwärtigen Hilfspakets im kommenden Jahr auch noch ein viertes Programm benötigt – wahrscheinlich ohne Beteiligung des IWF in Washington.

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