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Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke (r.)

© dpa/Hendrik Schmidt

Update

Urteil wegen Nazi-Parole: AfD-Politiker Björn Höcke erneut zu Geldstrafe verurteilt

Der Thüringer AfD-Chef hatte die Losung „Alles für Deutschland“ wiederholt in einer Rede eingebaut. Das Gericht hat keine Zweifel an der Strafbarkeit. Höcke selbst sieht sich politisch verfolgt.

Stand:

Der AfD-Politiker Björn Höcke muss erneut eine Geldstrafe zahlen, weil er die verbotene Parole „Alles für Deutschland“ in einer Rede genutzt hat. Das Landgericht Halle verurteilte den Thüringer Landesvorsitzenden seiner Partei am Montag zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu 130 Euro, insgesamt 16.900 Euro.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, sodass Höcke noch Revision beim Bundesgerichtshof einlegen kann. Zudem kündigte er an, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen, wenn es bei der Verurteilung bleibe.

Nach den Feststellungen des Gerichts hat Höcke sich wegen Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation schuldig gemacht, strafbar nach Paragraf 86a Strafgesetzbuch. Es sei hinreichend belegt, dass die paramilitärische Sturmabteilung (SA) der Hitler-Partei NSDAP die Wortfolge im Sinne eines Kennzeichens gebraucht habe.

Dafür genüge, dass es als Symbol auf die Zusammengehörigkeit einer Organisation hinweise, was hier der Fall sei. Zum Ausdruck komme dies bereits in der Gravur auf dem Dienstdolch, sagte der Vorsitzende Richter Jan Stengel.

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Höcke war vom selben Gericht bereits Mitte Mai wegen derselben Strafvorschrift zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt worden. Das Urteil ist ebenfalls noch nicht rechtskräftig. Demnach hatte der Politiker Ende Mai 2021 in Merseburg einen Vortrag mit der Formel „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ beendet und dabei gewusst, dass es sich bei dem letzten Teil um die verbotene Losung gehandelt hat.

Dem neuen Urteil zufolge hat Höcke die Parole im vergangenen Dezember bei einem AfD-„Bürgerstammtisch“ erneut verlautbart. Zum Abschluss seiner Rede spielte Höcke auf sein damals schon laufendes Strafverfahren wegen des Merseburger Falls an und kritisierte, deswegen von der Justiz verfolgt zu werden.

Höcke wiederholte strafbaren Satz – nur anders

Während er in der rechten Hand ein Mikrofon hielt, gestikulierte er mit der linken und wiederholte den Satz von damals, endete dann aber bei „Alles für“, woraufhin mehrere Zuhörer vernehmbar „Deutschland“ rufen.

In der Verhandlung am Mittwoch hatte das Gericht mehrere Beweisanträge der Verteidigung abgewiesen, überwiegend zum historischen Hintergrund und zur aktuellen Verwendung der Formel „Alles für Deutschland“.

Björn Höcke vor der Urteilsverkündung am Montag

© dpa/Hendrik Schmidt

Das Gericht hielt hier eine weitere Aufklärung für unnötig, da die Tatsachen bekannt seien oder eine Aufklärung durch die geforderten Beweismittel – etwa die Sichtung einer TV-Sendung oder eines Zeitschriftenartikels – unergiebig sei, weil lediglich Meinungen wiedergegeben würden.

Richter Stengel ging in der Urteilsbegründung auch auf Vorwürfe Höckes ein, gegen ihn werde ein politischer Prozess geführt. Stengel verwies auf Verfahren der DDR-Justiz, in denen überhöhte oder ungerechte Strafen ausgesprochen worden seien. Er habe solche Urteile mit eigenen Augen gesehen. „Das ist politische Justiz“, betonte Stengel.

Staatsanwaltschaft forderte Freiheitsstrafe

In seinem Plädoyer hatte Staatsanwalt Benedikt Bernzen dann eine Freiheitsstrafe von acht Monaten zur Bewährung gefordert, ergänzt durch die Auflage, 10.000 Euro zugunsten einer öffentlichen Einrichtung zu zahlen, etwa der Gedenkstätte des NS-Konzentrationslagers Buchenwald.

Zudem sollte Höcke für die Dauer von zwei Jahren die Fähigkeit entzogen werden, in öffentliche Ämter gewählt zu werden oder diese auszuüben. Diese Nebenfolge sieht das Gesetz bei Haftstrafen über einem halben Jahr ausdrücklich vor. Höcke wäre es damit auch unmöglich geworden, sich für die Thüringer Landtagswahl als Spitzenkandidat aufstellen und wählen zu lassen.

Nach Ansicht Bernzens habe Höcke mit seiner Rede in Gera „genau das erreicht, was Paragraf 86a verhindern soll“. Er habe die SA-Parole „wieder salonfähig gemacht“. Strafverschärfend sei zu werten, dass er Dritte mit einbezogen habe und über die sozialen Medien eine „beachtliche Reichweite“ für seine Äußerung erzielt habe.

Höcke sieht sich politisch verfolgt

Dass er damit nur das Verfahren gegen sich habe kritisieren wollen, hält Bernzen für einen Vorwand: Es sei eine „typische Wahlkampfrede“ gewesen, emotional und reißerisch. Höcke habe die Bühne genutzt, um den Spruch erneut zu inszenieren.

Höckes Verteidiger Florian Gempe und Ralf Hornemann hatten dagegen Freispruch gefordert. Gempe bezeichnete es als „problematisch“, wenn ein verbotenes Kennzeichen erst durch mehrere Äußerungen zusammengesetzt werden müsse, um strafbar zu sein. Zudem seien Höckes Handbewegungen bei der Rede intuitiv und spontan gewesen. Es sei keineswegs eindeutig gewesen, dass Höcke das Publikum habe auffordern wollen, die Formel durch den Ausruf „Deutschland“ zu vollenden.

Gempe kritisierte, das Gericht habe es unterlassen, einen Sachverständigen Historiker dazu anzuhören, ob die Losung überhaupt der SA zugeschrieben werden könne. Anwalt Hornemann meinte, die Justiz müsse sich „daran messen lassen, wie sie mit dem politischen Gegner umgeht“.

In diese Kerbe schlug auch Höcke selbst mit seinem Schlusswort. Der Politiker gab sich überzeugt, Opfer einer politischen Justiz geworden zu sein und forderte, seine Verfahren vor dem Landgericht Halle parlamentarisch aufarbeiten zu lassen. „Warum stehe ich vor der Großen Strafkammer? Weil ich Björn Höcke bin“, sagte er.

Es sei Zeit, Prozesse gegen AfD-Politiker unter die Lupe zu nehmen, etwa durch Untersuchungsausschüsse in den Landtagen von Thüringen und Sachsen-Anhalt. Offenbar gehe es darum, einen „führenden Oppositionspolitiker der Bundesrepublik Deutschland aus dem Spiel zu nehmen“.

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