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ARCHIV - 24.02.2025, Berlin: Sahra Wagenknecht, Spitzenkandidatin und Parteivorsitzende vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), spricht im Haus der Bundespressekonferenz auf einer Pressekonferenz.  (zu dpa: «Wagenknecht: Finanzpaket ist «wahnwitzig» und Wählerbetrug») Foto: Sören Stache/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Sören Stache

Wagenknecht zieht vor Bundesverfassungsgericht: BSW klagt in Karlsruhe auf Neuauszählung der Bundestagswahl

Nach ihren Erfolgen bei den Ostwahlen hat das Bündnis Sahra Wagenknecht den Einzug in den Bundestag um wenige tausend Stimmen verpasst. Das BSW sieht Auszählungsfehler und zieht nach Karlsruhe.

Stand:

Den Einzug in den Deutschen Bundestag hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) verpasst. Nach dem vorläufigen Wahlergebnis fehlen der im vergangenen Jahr gegründeten Partei gut 13.400 Stimmen. Für Parteichefin und -namensgeberin Sahra Wagenknecht ist die Sache allerdings noch längst nicht entschieden, denn sie fühlt sich um Stimmen betrogen.

Am Dienstag ist die Partei deswegen vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gezogen, um eine Neuauszählung der Wahlstimmen zu erreichen. Das Gericht bestätigte am Dienstag den Eingang eines Verfahrens seitens des BSW. Zuerst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) darüber berichtet.

„Einige tausend BSW-Stimmen sind offenbar fälschlicherweise anderen Parteien zugeordnet oder als ungültig bewertet worden“, sagte Wagenknecht der FAZ. Der Respekt vor den Wählerinnen und Wählern gebiete es daher, „mögliche Fehler genau zu prüfen und zu korrigieren“. Eine Korrektur sei nur möglich, wenn vor Feststellung des amtlichen Endergebnisses eine bundesweite Neuauszählung erfolge.

Ergebnisse der Parteien

Amtliches Endergebnis im Vergleich zu den Wahlergebnissen von 2021

Union
28,5%
+4,4
AfD
20,8%
+10,4
SPD
16,4%
−9,3
Grüne
11,6%
−3,1
Linke
8,8%
+3,9
BSW
4,98%
+4,98
FDP
4,3%
−7,1
'21
2025
Sonst.
4,6%
−4,2
Daten: Bundeswahlleiterin, Stand 14.03.25, 10:25

Endgültiges Ergebnis wird am Freitag festgestellt

Das Zeitfenster für eine Korrektur wäre in dem Fall sehr klein. Nach Angaben der Bundeswahlleiterin am Montag soll der Bundeswahlausschuss schon am kommenden Freitag das endgültige Ergebnis der Wahl zum 21. Deutschen Bundestag feststellen. Die öffentliche Sitzung soll um 10 Uhr im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus stattfinden.

Video: Sönke Matschurek, Selin Amil & Sophie Peschke 19.09.24

„Der äußerst knappe Wahlausgang zu Lasten des BSW macht eine umfassende Überprüfung des Wahlvorgangs noch vor Feststellung des amtlichen Endergebnisses erforderlich“, erklärte der Staatsrechtler und BSW-Rechtsvertreter Christoph Degenhart gegenüber der FAZ. 

Schon am Tag nach der Wahl hatte Wagenknecht Skepsis über den ordnungsgemäßen Ablauf von sowohl der Wahl als auch der Auszählung geäußert. In der Bundespressekonferenz wies sie darauf hin, dass ihrer Partei nur wenige Stimmen gefehlt hätten und eine relevante Zahl an Menschen – etwa im Ausland – ihre Stimme nicht hätten abgeben können. „Da stellt sich schon die Frage nach dem rechtlichen Bestand des Wahlergebnisses“, sagte die BSW-Vorsitzende.

In Berlin bekam das BSW nach Überprüfung 150 Stimmen mehr

Tatsächlich wurden nach und nach Fälle bekannt, in denen es bei der Auszählung zu Verwechslungen kam. So wurden Stimmen für das BSW etwa fälschlicherweise dem Bündnis Deutschland zugeordnet.

Auch in Berlin sprachen BSW-Politiker von Fehlern sowie Unstimmigkeiten bei der Zählung. Der dortige Landeswahlausschuss konnte am Montag allerdings nach Überprüfung der Ergebnisse in den Wahlkreisen keine nennenswerten Veränderungen zum vorläufigen Wahlergebnis feststellen. Die BSW-Stimmen wurden um 150 Stimmen nach oben korrigiert. Für das Bündnis Deutschland wurden 94 Stimmen weniger gezählt, für die ebenfalls namensverwandte Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) 43 weniger. „Hochgerechnet auf alle Wahllokale wäre das BSW bei einer solchen Abweichung im Bundestag“, sagte Wagenknecht.  Große Verschiebungen der Stimmverhältnisse wurden allerdings bisher auch in anderen Bundesländern nicht bekannt. 

Wahlprüfungen sind normalerweise zunächst Sache des Bundestages. Der Wahlprüfungsausschuss muss nach Einspruch mögliche Rechtsverletzungen prüfen. Erst nach einem Beschluss des Bundestages kann dagegen in Karlsruhe geklagt werden. Nach Paragraf 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz ist eine „vorverlegte“ Wahlprüfung nicht zulässig. Das BSW hat den üblichen Weg umgangen und direkt das Bundesverfassungsgericht angerufen. Die Klage könnte also schon an formalen Kriterien scheitern.

Käme es zu einer Neuauszählung und würde das BSW dadurch über die Fünfprozenthürde rutschen, würde Sahra Wagenknecht die Koalitionspläne von Friedrich Merz durchkreuzen. Denn Schwarz-Rot käme zusammen nicht mehr auf die erforderliche Mehrheit von 316 Abgeordneten. Die einzig rechnerisch und politisch denkbare Koalitionsoption wäre dann ein Kenia-Bündnis aus Union, SPD und Grünen.

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