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Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Update

SPD gewinnt Bürgerschaftswahl: Hamburg, das andere Deutschland

Die Hamburger haben bei ihrer Bürgerschaftswahl ganz andere Vorlieben als die Deutschen eine Woche zuvor bei der Bundestagswahl. Das liegt unter anderem an der Beliebtheit von Bürgermeister Peter Tschentscher von der SPD.

Stand:

Bei der Wahl zu ihrer Bürgerschaft am Sonntag haben die Hamburgerinnen und Hamburger politisch deutlich andere Akzente gesetzt und die Stimmen anders verteilt als die Deutschen bei der Bundestagswahl genau eine Woche zuvor.

So bleiben die Sozialdemokraten mit 33,5 Prozent (2020: 39,2 Prozent) klar stärkste Kraft in der nach Berlin zweitgrößten Stadt Deutschlands.

Zwar büßte die SPD unter ihrem Spitzenkandidaten, dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher, Stimmen ein, doch sie kann weiterhin den Senat anführen. „Meine erste Priorität ist, Rot-Grün fortzuführen“, sagte Tschentscher am Sonntagabend.

Die Grünen mit Spitzenkandidatin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank verzeichneten ebenfalls Verluste. Sie schnitten aber, wie üblich in Hamburg, weit besser ab als im Bundesschnitt und kamen auf 18,5 Prozent (2020: 24,2 Prozent). SPD und Grüne hatten vor der Wahl auf eine Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit im Senat gesetzt. Die rot-grüne Koalition in Hamburg arbeitet weithin geräuschlos.


Welche Rolle spielt Tschentscher?

Der hanseatisch zurückhaltend auftretende und politisch pragmatische Bürgermeister Tschentscher ist in der Stadt sehr beliebt, bei Anhängern der SPD sowieso, aber auch darüber hinaus. 79 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger bescheinigen ihm eine gute Arbeit, wie die Forschungsgruppe Wahlen ermittelte. Tschentscher ist kein Showmaster. Seine noble Zurückhaltung kommt an in Hamburg.

Der promovierte Mediziner führt den Stadtstaat seit 2018, damals übernahm er die Amtsgeschäfte von Olaf Scholz, der seinerseits Bundesfinanzminister und Vizekanzler wurde.

Zusammen weiter? Peter Tschentscher (SPD, rechts) könnte mit Katharina Fegebank (Grüne) in Hamburg weiterregieren.

© dpa/Marcus Brandt

Weder Scholz noch andere führende Köpfe der SPD traten im Wahlkampf ihrer hanseatischen Parteifreunde in der Woche vor der Wahl auf. Zu ihrer Abschlussveranstaltung hatte die Hamburger SPD Malu Dreyer eingeladen, die ehemalige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz.

Die Sozialdemokraten waren mit 22,7 Prozent bei der Bundestagswahl in Hamburg nur sehr knapp stärkste Partei geworden, eng gefolgt von der CDU.

Das Wahlergebnis von Hamburg deutet darauf hin, dass die SPD von der Beliebtheit Tschentschers profitierte, während die Bundes-SPD unter der Unbeliebtheit von Scholz gelitten hat.


Wie steht es um Hamburgs CDU?

Die Christdemokraten, in Hamburg strukturell in einer schwierigen Lage, konnten sich im Vergleich zu ihrem historischen Debakel von 2020 (11,2 Prozent) erheblich verbessern. Sie verdoppelten sich fast auf 19,8 Prozent.

Unionskanzlerkandidat und CDU-Chef Friedrich Merz war am Freitagabend nach den Sondierungen mit der SPD im Bund beim Wahlkampfabschluss der Hamburger CDU aufgetreten.

An der Seite des Spitzenkandidaten Dennis Thering vermied es Merz jedoch, unhaltbare Erwartungen zu schüren. Er sagte: „Nun ist es auch in Hamburg Zeit für einen Politikwechsel. Dafür braucht es eine starke CDU.“ Merz erweckte also erst gar nicht den Eindruck, als könne die CDU künftig den Ersten Bürgermeister stellen oder auch nur Koalitionspartner der SPD werden.

Dennis Thering, Spitzenkandidat zur Bürgerschaftswahl und Parteivorsitzender der CDU Hamburg, bei der Wahlparty

© dpa/Georg Wendt

Während Merz bei der Bundestagswahl eine realistische, ja aussichtsreiche Machtperspektive besaß, musste Hamburgs CDU-Spitzenkandidat Thering als Zählkandidat gelten. Sein Anspruch, Bürgermeister zu werden, war kaum glaubhaft zu vermitteln. Nur 14 Prozent wollten Thering, ermittelte die Forschungsgruppe Wahlen, 56 Prozent Tschentscher und 15 Prozent Fegebank.


Wie schlägt sich die Linke in Hamburg?

Wie schon bei der Bundestagswahl gelang der Linken auch in Hamburg ein Achtungserfolg. Sie kamen auf 11,2 Prozent (2020: 9,1 Prozent). Die Linke ist in Hamburg traditionell stärker als in Westdeutschland.

Die AfD konnte zwar mit 7,5 Prozent (2020: 5,3 Prozent) ihr Ergebnis verbessern, blieb aber weit hinter ihrem Ergebnis der Bundestagswahl zurück. AfD-Spitzenkandidat Dirk Nockemann, 66, war schon bei SPD und CDU aktiv, für die Schill-Partei amtierte er 2003/04 als Innensenator in Hamburg. Vor einem Jahr schloss die Fraktion die Abgeordnete Olga Petersen aus, die Partei sah sich durch ihre Teilnahme als Wahlbeobachterin in Russland getäuscht.

Wie geht es für die FDP weiter?

Die FDP erlitt in Hamburg nach der Bundestagswahl einen weiteren Nackenschlag. Sie holte 2,3 Prozent (2020: 4,96 Prozent). Damit lag sie noch hinter der liberalen Europapartei Volt (3,3 Prozent, 2020: 1,3 Prozent).

Bei der Europawahl im Juni 2024 hatte die FDP in Hamburg sieben Prozent geholt. Europa-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zog so viel besser als Christian Lindner oder Hamburgs FDP-Spitzenkandidatin Katarina Blume.

Bedeutungslos ist das BSW in Hamburg, mit 1,8 Prozent. Das vorläufig amtliche Endergebnis wird Montagabend erwartet.


Wie war die Wahlbeteiligung?

Höher als vor fünf Jahren, bei etwa 67 bis 68 Prozent laut ARD und ZDF. Bei der Bürgerschaftswahl 2020 waren es 63 Prozent gewesen. Knapp 1,3 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen.

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