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Dresden: War der Täter rechtsextrem?

Die Ermittlungen zur Tötung der ägyptischer Apothekerin gehen weiter - und auch die Kritik an den offiziellen Reaktionen hält an.

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Berlin - Er ließ seinem Hass freien Lauf. Mit 18 Stichen tötete der Russlanddeutsche Alex W. vor einer Woche die Ägypterin Marwa E. im Landgericht Dresden, die Staatsanwaltschaft sucht weiter nach Ursachen. „Wir prüfen, ob das Motiv spezifisch islamophob war oder generell ausländerfeindlich“, sagte der Dresdener Oberstaatsanwalt Christian Avenarius am Dienstag dem Tagesspiegel. Jedenfalls sei wahrscheinlich, dass als Merkmal für Mord neben Heimtücke der Ausländerhass „eine große Rolle spielt“. Offen bleibt zudem, ob Alex W. in Deutschland oder in Russland Kontakte zu Rechtsextremisten unterhielt. Die Staatsanwaltschaft hofft auch auf Informationen der russischen Behörden.

In Sicherheitskreisen hieß es, vermutlich habe W. „seine Prägung schon in der alten Heimat erhalten“. Gerüchte, W. habe in Tschetschenien gegen die Rebellen gekämpft, blieben unbestätigt. In Russland sind Ressentiments gegen Muslime vor allem wegen der Tschetschenienkrise weit verbreitet. Bei Angriffen junger Neonazis starben viele Muslime.

Durch den Mord in Dresden ist die Öffentlichkeit nun mit einem Problem konfrontiert, das bislang kaum wahrgenommen wurde: Ein Teil der Russlanddeutschen erscheint, wie die Gesellschaft insgesamt, anfällig für Rassismus und Rechtsextremismus. Andererseits werden Russlanddeutsche Opfer brauner Gewalt. Härtestes Beispiel: 2003 erstach ein Rechtsextremist in Heidenheim (Württemberg) drei deutschrussische Jugendliche.

Die Sicherheitsbehörden schließen es derzeit eher aus, dass Alex W. in Deutschland einer rechtsextremen Gruppierung angehört. Bei der Durchsuchung der Wohnräume von W. wurde offenbar kein einschlägiges Indiz entdeckt. Es sei aber denkbar, dass rechtsextreme Agitation seine Ressentiments gegen Muslime gestärkt hat, sagte ein Experte. Die NPD gründete im Februar 2008 einen „Arbeitskreis der Russlanddeutschen“, in Wahlkämpfen verteilte die Partei schon Flugblätter in russischer Sprache. Eng liiert mit der NPD ist zudem die Gruppierung „Die russlanddeutschen Konservativen“, die ebenfalls russischstämmige Aussiedler mit rassistischen Parolen aufheizt.

Der Zentralrat der Muslime hat am Dienstag erneut die aus seiner Sicht laue Reaktion deutscher Regierungsstellen auf die Tat gerügt. Der Vizesprecher der Regierung hatte am Montag von unklarer Sachlage gesprochen. „Die Indizien für eine islamophobe Tat sind erdrückend“, sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Aiman Mazyek. Vorsicht sei gut, aber hier grenze sie an Beschwichtigungspolitik. Angemessen wäre „ein Signal der Anteilnahme, die das menschliche Antlitz Deutschlands zeigt“. Damit könne man auch helfen, die wütenden Reaktionen in Ägypten zu beschwichtigen. Unterdessen versuchen Islamisten, den Mord propagandistisch zu nutzen. Der Prediger Pierre Vogel ruft für Sonntag zu einer Demonstration in Berlin auf, gegen die „Diskriminierung muslimischer Frauen“. Gemeint ist offenbar nur die Diskriminierung von Muslimas durch Nichtmuslime. Andrea Dernbach/Frank Jansen

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