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„Was wollen Sie in so kurzer Zeit noch?“: Merz wirbt bei Grünen für Zustimmung zu Milliardenpaket
Union und SPD stellten im Parlament ihre Pläne für milliardenschwere Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur zur Debatte. Der Newsblog zur Sondersitzung zum Nachlesen.
Stand:
Alle Parteien der demokratischen Mitte sind sich einig, dass Deutschland mehr Geld für seine Verteidigung ausgeben muss. Über den richtigen Weg streiten die schwarz-roten Koalitionäre auf der einen sowie Grüne und FDP mit jeweils eigenen Vorstellungen auf der anderen Seite. Alle drei Vorschläge erfordern eine Änderung des Grundgesetzes, können also nur mit Zweidrittelmehrheit geändert werden.
Im Deutschen Bundestag kamen am Donnerstag dafür ab 12 Uhr die Abgeordneten der 20. Wahlperiode zu einer Sondersitzung zusammen, um über die drei Gesetzesentwürfe von Union/SPD, Grünen und FDP in erster Lesung zu beraten. Hier können Sie zentrale Momente der Debatte nachlesen.
14:11 Uhr: Lindner sieht neuen Friedrich Merz
Eigentlich hatte sich Christian Lindner von der FDP-Spitze schon zurückgezogen. Durch die Einberufung der Sondersitzung durfte auch er noch einmal ans Rednerpult treten. Dabei war der langjährige FDP-Chef zu Späßen aufgelegt. Zu Beginn seiner Rede sprach Lindner davon, heute Zeuge eine möglicherweise unbeabsichtigten Komik geworden zu sein.
„Sie hier vorne in der ersten Reihe, wer sind sie und was haben sie mit Friedrich Merz gemacht“, sagte Lindner an die Adresse des CDU-Vorsitzenden gerichtet. Darüber muss selbst Merz lachen, auch wenn er dabei gleichzeitig den Kopf schüttelt. Wie Fraktionschef Dürr wirft auch Lindner dem möglichen nächsten Bundeskanzler eine Kehrtwende bei seinen finanzpolitischen Vorstellungen vor.

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13:59 Uhr: Esken und Dobrindt verteidigen Finanzpaket
SPD-Co-Chefin Saskia Esken verteidigte das schwarz-rote Finanzpaket in seiner Gesamtheit. In ihrer Rede machte sie speziell auf Investitionen für die soziale Sicherheit aufmerksam. Aus ihrer Sicht fühlen sich viele junge Menschen sowie Frauen vernachlässigt. „Überall dort, wo der Staat nicht investiert, zahlen Arbeitnehmerinnen und vor allem Frauen und Kinder den Preis“, sagte Esken.
CSU-Landesgruppenchef verteidigte vor allem den Vorschlag, Verteidigungsausgaben künftig praktisch in unbegrenzter Höhe auf Pump zu finanzieren. „Das ist nicht nur eine deutsche Antwort auf eine historische Situation“, sagte Dobrindt und fügte hinzu: „Das ist eine europäische Antwort aus Deutschland heraus.“ Das sei geopolitisch, militärisch und wirtschaftlich notwendig.
„Wer nicht freiwillig genug in seine Verteidigung investiert, der wird von Putin bedroht und möglicherweise von anderen nicht langfristig beschützt“, so Dobrindt. Damit spielte der CSU-Politiker auf Donald Trump an. Der 45. und 47. amerikanische Präsident fordert von den Nato-Partnern schon lange eine deutliche Ausweitung ihrer Verteidigungsausgaben.
Livestream aus dem Deutschen Bundestag:
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13:33 Uhr: Weidel nennt Merz „Totengräber der Schuldenbremse“
AfD-Chefin Alice Weidel schlug in ihrer Rede in die gleiche Kerbe wie schon Bernd Baumann bei Eröffnung der Sitzung. Auch sie warf Merz Wortbruch vor. Kein Kanzlerkandidat hätte in so kurzer Zeit so viele Versprechen gebrochen. „Sie werden in die Geschichte eingehen als Totengräber der Schuldenbremse.“
Den Versuch, das Milliardenpaket für Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung mit einer Mehrheit der Abgeordneten der 20. Wahlperiode zu verabschieden, hält sie für undemokratisch. Sie sprach von einer Missachtung des Wählerwillens. „Das ist eine gigantische Hypothek, mit der sie sich an den kommenden Generationen versündigen, die für diese Ausgabenwut gradestehen müssen“, sagte Weidel.

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Das schwarz-rote Sondierungspapier lehnte die AfD-Vorsitzende unter Verwendung kriegerischer Sprache ab. „Ihr Sondierungspapier ist eine Kapitulationsurkunde vor grün-sozialistischen Begehrlichkeiten.“
13:26 Uhr: Dürr wirft Merz Wortbruch vor
Während Merz in seiner Rede versucht hatte, einen etwaigen Kurswechsel bei der Reform der Schuldenbremse zu widerlegen, konfrontierte ihn der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Dürr, mit der Vergangenheit.
Dürr erinnerte Merz beispielhaft an einen Auftritt in der Fernsehsendung „Maybrit Illner“. Merz habe auch dort eine Änderung der Schuldenbremse wiederholt abgelehnt. „Bevor man über Schulden redet, muss man sich erst um Einsparung, Umschichtung und Wachstum bemühen“, soll Merz damals gesagt haben. Nun mache er das Gegenteil: „Das ist der eigentliche Wortbruch“, sagte Dürr.
13:15 Uhr: Dröge geht Merz persönlich an
Die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, griff Friedrich Merz scharf an. Man habe der Union nach dem Bruch der Ampel mehrmals den Vorschlag gemacht, die Schuldenbremse miteinander zu reformieren. Merz habe aus Parteitaktik im Wahlkampf abgelehnt. „Wir müssen erkennen, dass das ihr Politikprinzip ist: Nicht immer ehrlich zu sein, nicht immer zu sagen, was sie planen“, sagte Dröge.
Dröge bekräftigte die Linie der Grünen, das Milliardenpaket nicht einfach abnicken zu wollen. „Wer von uns die Zustimmung haben will, der muss damit rechnen, dass wir darauf schauen, dass das Geld auch wirklich in die Infrastruktur gesteckt wird und nicht in Steuersenkung“, sagte die Grünen-Politikerin. Nun ist FDP-Fraktionschef Christian Dürr an der Reihe.

© dpa/Michael Kappeler
12:55 Uhr: Merz mit Charmeoffensive Richtung Grüne
Bei den Grünen bedankte sich Merz für konstruktive Gespräche in den vergangenen Tagen. Auch dafür, dass sie darin die Wichtigkeit des Klimaschutzes herausgehoben hatten. „Wir nehmen, die Herausforderung des Klimaschutzes außerordentlich ernst“, sagte der CDU-Vorsitzende: „Wir haben hier ein sehr großes Problem zu lösen.“
Merz zeigte sich hier gesprächsbereit. Er wies darauf hin, dass man dazu am Morgen einen neuerlichen Vorschlag gemacht habe. So sei die Union bereit, aus dem Sondervermögen Infrastruktur auch Zuführungen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) in Höhe von bis zu 50 Milliarden Euro zuzulassen. Dann ging Merz die Grünen scharf an:
Was wollen Sie in so kurzer Zeit noch mehr, als das, was wir ihnen in den Gesprächen der letzten Tage vorgeschlagen haben?
Friedrich Merz am Donnerstag in Richtung der Abgeordneten der Grünen.
Nun ist die eine von zwei Grünen-Fraktionsvorsitzenden an der Reihe – Katharina Dröge.
12:45 Uhr: Merz verteidigt sich gegen Vorwurf des Wortbruchs
In seiner Rede verteidigte Friedrich Merz seine Pläne, Deutschland mit neuen Schulden verteidigungsfähig zu machen und in die Infrastruktur zu investieren. Er griff dabei auch Vorwürfe seitens Politik und Medien auf, in denen er des Wortbruchs und der Lüge bezichtigt wird. Merz hatte vor der Wahl stets beteuert, man wolle zunächst Ausgaben sparen, für mehr Wachstum sorgen und dann gegebenenfalls später die Schuldenbremse reformieren.
„Ich nehme das ernst und möchte darauf erwidern“, sagte Merz im Bundestag. Der CDU-Vorsitzende verteidigte sich damit, dass er sich schon im Winter auf einem Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“ offen für eine Reform der Schuldenbremse gezeigt hatte. Allerdings wurde diese Merz-Aussage im Anschluss sowohl von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann als auch Thorsten Frei wieder einkassiert.
12:39 Uhr: Klingbeil schließt Auftrennen in zwei Gesetzesentwürfe aus
Zum Auftakt seiner Rede dankte Lars Klingbeil unter anderem dem amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz. „Er hat die Zeitenwende erkannt“, sagte der SPD-Partei und-Fraktionschef. Inzwischen hätten sich die Zeiten aber geändert. Klingbeil nannte beispielhaft „die Unberechenbarkeit des amerikanischen Präsidenten“.
Der Sozialdemokrat hält daher die geplanten Grundgesetzänderungen bei Verteidigung und Infrastruktur für notwendig. „Es geht um unsere Stärke, wirtschaftliche und soziale Stärke“, sagte Klingbeil. Dabei gehe es nicht nur um Investitionen in die Sicherheitspolitik. „Es ist notwendig, dass wir unser Land auf Vordermann bringen“, sagte Klingbeil. Dazu brauche es Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur. „Das gehört zusammen“, sagte der SPD-Politiker: „Das eine wird es ohne das andere nicht geben.“ Nun ist Friedrich Merz an der Reihe.

© dpa/Bernd von Jutrczenka
12:30 Uhr: Klingbeil tritt ans Redepult
Der Antrag der AfD auf Absetzung der Debatte wurde von der Mehrheit der Abgeordneten der anderen Parteien abgelehnt. Nun startet die eigentliche Debatte. Es spricht zuerst Lars Klingbeil von der SPD.
12:19 Uhr: Mihalic wirft Merz Ignoranz vor
Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin, kritisierte das geplante Verfahren von Union und SPD ebenfalls scharf. „Das zeigt ihre ganze Ignoranz gegenüber der Realität in diesem Land und gegenüber diesem Parlament“, so die Grünen-Politikerin.
Mihalic wies darauf hin, dass die Grünen schon vor der Wahl gefordert hatten, die bestehenden Mehrheiten für eine Reform der Schuldenbremse zugunsten mehr Investitionen zu nutzen. „Sie haben das weggewischt“, sagte die Grünen-Politikerin: „Das fällt ihnen jetzt auf die Füße.“

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Zuspruch erhielt sie seitens der FDP. Johannes Vogel sprach zum Auftakt seiner Rede von einem sonderbaren Gefühl, an diesem Tag am Rednerpult zu stehen. Die FDP hat den Wiedereinzug in den 21. Bundestag verpasst. „Wir sind aufrechte Parlamentarier und werden bis zum letzten Tag unseren Job machen“, kündigte der FDP-Politiker an. Das geplante Vorgehen von Union und SPD lehnen die Freien Demokraten ebenfalls ab.
12:08 Uhr: AfD kritisiert Sondersitzung – SPD verteidigt sie
Das Wort hatte zum Auftakt der erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD. Bernd Baumann kritisierte, dass nun nochmal der alte Bundestag – die Abgeordneten der 20. Wahlperiode – zusammenkommt, obwohl schon einer neu gewählt worden sei. Bernd Baumann warf Friedrich Merz Wahlbruch und Wählertäuschung vor: „Den Wählerwillen haben Sie zu respektieren“, so der AfD-Politiker. Eigentlich handelt es sich um eine Geschäftsordnungsdebatte.
Katja Mast, ebenfalls erste Parlamentarische Geschäftsführerin allerdings der SPD, verteidigte das Vorgehen. „Der alte Bundestag ist voll handlungs- und beschlussfähig“, entgegnete die SPD-Politikerin: „Deshalb ist es richtig, dass wir diese Vorlagen heute hier diskutieren.“ Zuspruch erhielt Mast anschließend von CDU-Politiker Thorsten Frei.

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12:01 Uhr: Sitzungseröffnung
Die Sitzung begann um 12 Uhr mit einer Aussprache zur Geschäftsordnung. Diese soll laut Tagesordnung voraussichtlich 20 Minuten dauern. Bärbel Bas eröffnete die Sitzung um 12:01 Uhr mit Geburtstagswünschen für einzelne Abgeordnete.
- AfD
- Alice Weidel
- CDU
- Christian Lindner
- CSU
- Deutscher Bundestag
- Die Grünen
- Donald Trump
- FDP
- Lars Klingbeil
- SPD
- Wladimir Putin
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