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Nach den Landtagswahlen, hier Plakate in Brandenburg, brauchen CDU und SPD für eine Regierung das BSW.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Update

„Weichspüler für Koalitionsverhandlungen“?: Ukraine-Appell von Woidke, Kretschmer und Voigt in der Kritik – Wagenknecht gefällt er

In Sachsen, Thüringen und Brandenburg brauchen CDU und SPD für eine Regierung das BSW und senden Signale der Annäherung. Die werden offenbar gehört, doch es gibt auch Kritik.

Stand:

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hat den gemeinsamen Appell der Ministerpräsidenten von Sachsen und Brandenburg, Michael Kretschmer (CDU) und Dietmar Woidke (SPD), sowie des Thüringer CDU-Vorsitzenden Mario Voigt zur Ukraine-Politik gelobt. „Ein kluger und differenzierter Beitrag“ sei deren gemeinsamer Aufruf gewesen, sagte Wagenknecht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ).

Die drei Politiker hatten in einem FAZ-Gastbeitrag für einen Waffenstillstand in der Ukraine geworben und die Bundesregierung aufgefordert, Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. „Deutschland und die EU haben diesen Weg noch zu unentschlossen verfolgt“, schrieben Kretschmer, Woidke und Voigt mit Blick auf diplomatische Anstrengungen zur Kriegsbeendigung. Waffenlieferungen an die Ukraine erwähnten sie in ihrem Text nicht.

Wagenknecht bewertete den Beitrag als einen, „der sich wohltuend abhebt von einer Debatte, die sich mit großer moralischer Attitüde immer nur um die Frage dreht, welche Waffen als nächste geliefert werden sollten, ohne irgendeine Perspektive für ein Ende des Krieges aufzuzeigen“.

BSW gegen Stationierung von US-Mittelstreckenraketen

Die Landespolitiker Kretschmer, Woidke und Voigt versuchen nach den Landtagswahlen im September, jeweils durch eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Regierung in ihren Ländern zu bilden. Das BSW hat als Bedingung ein Bekenntnis gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und gegen die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen gefordert. Wagenknecht hatte kürzlich vorgeschlagen, dies in den Präambeln der Koalitionsverträge zu verankern.

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In der FAZ schrieben Kretschmer, Woidke und Voigt: „Wir wollen eine aktivere diplomatische Rolle Deutschlands in enger Abstimmung mit seinen europäischen Nachbarn und Partnern“.

„Russland an den Verhandlungstisch bringen“

Woidke, Kretschmer und Voigt schrieben weiter: „Um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen, braucht es eine starke und geschlossene Allianz. Deutschland und die EU haben diesen Weg noch zu unentschlossen verfolgt.“ Je breiter die internationale Allianz aufgestellt sei, desto größer werde der Druck. „Es geht darum, einen Waffenstillstand zu erreichen und der Ukraine belastbare Sicherheitsgarantien zu bieten.“ Näheres führten sie zu den Rahmenbedingungen nicht aus.

Sie verwiesen zugleich auf die Rolle der östlichen Nachbarn. „Wir Deutsche tun gut daran, in diesen grundlegenden Fragen von Sicherheit und Frieden auf unsere östlichen Partner wie Polen und die baltischen Staaten zu hören“, schrieben sie, ohne dies weiter auszuführen. Polen und Balten verfolgen aber einen deutlich schärferen Kurs gegenüber Russland, von dem sie sich auch aus historischer Erfahrung direkt militärisch bedroht fühlen.

Deutschland müsse sich seinerseits verteidigungsfähig aufstellen, verlangten die Ministerpräsidenten und der CDU-Landeschef. „Es geht wie auch in der Zeit des Kalten Krieges nur aus einer starken Position heraus. Die Pläne für eine Stationierung von Mittelstreckenraketen in den westlichen Bundesländern hätte man besser erklären und breiter diskutieren müssen. Militärische Stärke ist nur dann sinnvoll, wenn sie mit kluger Diplomatie verbunden wird“, erläuterten sie.

Nur eine regelbasierte internationale Ordnung garantiere die Freiheit. „Es ist unsere Aufgabe, auch als Landespolitiker, diese Freiheit und diese Ordnung zu verteidigen und für sie einzustehen. Daran wird keine landespolitische Zusammenarbeit etwas ändern.“

Kritik am Gastbeitrag: „Weichspüler“ für Koalitionsverhandlungen

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), kritisierte den Zeitungsbeitrag der drei Politiker: „Sollte der Brief der drei designierten Ministerpräsidenten als Weichspüler für Koalitionsverhandlungen mit dem BSW gemeint gewesen sein, rate ich zu großer Skepsis“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. 

Die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte der „Rheinischen Post“: „Man hat das Gefühl, die freiheitlichen Werte unseres Landes werden gerade für ein bisschen Machterhalt und Wahlkampf auf dem Ramschtisch verscherbelt.“ Strack-Zimmermann sprach von einem „rückgratlosen Kotau der Ministerpräsidenten aus Brandenburg und Sachsen assistiert von der BSW und CDU in Thüringen“. 

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann schrieb auf der Plattform X: „Die Botschaft dieses Gastbeitrags von Woidke, Kretschmer und Voigt lautet doch, wie mache ich mich koalitionsfähig für das BSW.“ 

Auch CDU-Chef Friedrich Merz geht auf Distanz zur Forderung führender Politiker aus dem Osten. „Die Ukraine kämpft um ihr schieres Überleben. Dabei müssen wir ihr auch in unserem eigenen Interesse weiter helfen. Friedensgespräche wird es nur geben, wenn beide Seiten dazu bereit sind“, sagte Merz der „Süddeutschen Zeitung“. Das sei offenbar von russischer Seite nicht der Fall. „Russland wird erst zu Gesprächen bereit sein, wenn das Regime von Putin erkennen muss, dass ein weiteres militärisches Vorgehen gegen die Ukraine aussichtslos erscheint“, sagte der Unionsfraktionschef. 

Mehr Verständnis für den Vorstoß von Woidke, Kretschmer und Voigt zeigte der für die Außenpolitik zuständige stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul. „Der Vorschlag ist verantwortbar, weil er unsere Grundlinien einhält: Den Völkerrechtsbruch Russlands, unsere feste Verankerung in EU und NATO und eine Lösung nur im Einklang mit der UN-Charta sieht“, sagte Wadephul laut einer Vorabmeldung der FAZ.

So unrealistisch ein russisches Eingehen auf diese Prinzipien sei, „so muss doch jeder seriöse Versuch unternommen werden, die AFD aus der Regierungsverantwortung fernzuhalten“, sagte Wadephul mit Blick auf Bemühungen in Dresden, Erfurt und Potsdam, mit dem BSW Koalitionen zu bilden. Wadephul weiter: „Hier ist eine Haltelinie richtig markiert. Wird sie überschritten, wird es keine Zusammenarbeit mit dem BSW geben können.“

Wadephul sagte: „Ich verstehe den Aufruf als den ernsthaften Versuch, unter Wahrung der eigenen Grundsätze eine Brücke für mögliche Koalitionsverhandlungen zu bauen.“ (dpa, AFP, Tsp)

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