
© dpa/AP/Joshua A. Bickel
Weltklimagipfel ohne Durchbruch: Ist nun alles verloren? Keineswegs!
Die COP30 endet ohne einen verbindlichen Ausstieg aus fossilen Energien. Jetzt müssen die Staaten selbst handeln. Und am Ende könnten technologische Fortschritte wirksamer sein als Gipfelergebnisse.

Stand:
Die COP30 in Brasilien endete mit einer substanzlosen Beschlusserklärung: kein Fahrplan zum Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas, keine verbindlichen Zielmarken – obwohl genau das seit der COP28 in Dubai angekündigt war. Kritiker sprechen von einem „Dokument des Versagens“.
Mehr als 80 Staaten, darunter Deutschland und die Schweiz, stellten sich in Belém hinter die Forderung nach einem Ausstieg aus den fossilen Energien, stießen aber auf den erbitterten Widerstand einer ähnlich großen Ländergruppe um Saudi-Arabien.
Ein verbindlicher Plan für den beschleunigten Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas wäre dringend nötig gewesen, um die globale Emissionskurve bereits 2026 zu brechen und die Emissionen danach jährlich um mindestens fünf Prozent zu senken – die Voraussetzung, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Bei den heutigen Emissionsraten bleiben der Menschheit dafür nur noch rund vier Jahre. Die in Belém versammelten Staats- und Regierungschefs sind dieser Aufgabe nicht gerecht geworden.
Extremwetter und unbewohnbare Landstriche
Droht nun das Horrorszenario von drei Grad Erwärmung bis 2050? Ohne konsequenten Klimaschutz wären extreme Hitzewellen, Starkregen, Dürren und steigende Meeresspiegel nur der Anfang – vor allem für den globalen Süden und Teile Südeuropas. Wasserknappheit, unbewohnbare Landstriche und massive Flüchtlingsbewegungen könnten die Welt an ihre Grenzen bringen.
Es bleibt noch Zeit für wirksamen Klimaschutz – auch wenn sie immer knapper wird.
Jan Kixmüller
Gleichzeitig könnten zentrale Kippelemente wie das Grönland- und Antarktis-Eis, der Amazonas oder der Golfstrom kritische Schwellen überschreiten – mit unvorhersehbaren, sich selbst verstärkenden Kettenreaktionen, die unumkehrbare Schäden auf globaler Ebene auslösen könnten.
Alles verloren also? Keineswegs. Drei Grad bis 2050 ist ein Worst-Case-Szenario, nicht die Gewissheit. Es bleibt noch Zeit für wirksamen Klimaschutz – auch wenn sie immer knapper wird. Dass das vergangene Jahr weltweit bereits rund 1,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau lag, heißt nicht, dass das Pariser Ziel verfehlt ist.
Entscheidend ist der Mittelwert über mehrere Jahrzehnte. Klimaforscher betonen: Es gibt noch Spielräume – vorausgesetzt, die Staaten handeln konsequent und treiben den Klimaschutz entschlossen voran. Damit ein globaler Beschluss Wirkung entfalten könnte, wäre eine tiefgreifende UN-Reform nötig, um Blockaden durch fossile Lobbygruppen und Bremserstaaten zu verhindern. Noch entscheidender ist jedoch, dass die Nationalstaaten selbst handeln.
Nach der UN-Konferenz kündigte der brasilianische COP-Präsident André Corrêa do Lago für sein Land eine eigene Initiative zur Erstellung eines Fahrplans an – ein Vorbild, dem andere folgen sollten. Europa muss beim Klimaschutz nun deutlich vorangehen. Als Kontinent ist es nach China und den USA der drittgrößte Emittent – und trägt damit besondere Verantwortung.
Auch Deutschland muss viel mehr tun
Dass Deutschland eine Milliarde Euro für den Schutzfonds für Regenwälder bereitgestellt hat, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch auch im Inland muss die Politik jetzt aktiver werden, massiv in erneuerbare Energien und Infrastruktur investieren und konsequent von fossilen Energien wegkommen.
Es geht nicht um Symbole, sondern um konkrete Maßnahmen: Wenn Fliegen steuerlich begünstigt wird, muss auch Bahnfahren deutlich günstiger werden. Ein erschwingliches und staatlich gefördertes E-Volksauto, das überall aufgeladen werden kann, muss schnell verfügbar sein, und Wärmepumpen müssen für die breite Masse einsetzbar sein. Solche Investitionen zahlen sich langfristig aus – die Kosten, eine Welt ohne Klimaschutz zu reparieren, wären um ein Vielfaches höher.
Auf der COP28 in Dubai vor zwei Jahren setzte ein vielversprechender Prozess ein: Die Länder verpflichteten sich, die Kapazität erneuerbarer Energien bis 2030 zu verdreifachen, die Energieeffizienz zu verdoppeln und die Methanemissionen um 30 Prozent zu senken. Würden diese Maßnahmen schnell umgesetzt, könnte die Erwärmung auf rund 1,7 Grad begrenzt werden.
Selbst ohne verbindliche COP-Beschlüsse bewegen sich die Märkte sogar in den größten Emittentenländern wie China und den USA bereits in diese Richtung – angetrieben von rasch fallenden Kosten, etwa für Solarmodule und Akkus, sowie technologischem Fortschritt.
Entwicklungen in der Realwirtschaft könnten langfristig sogar wirksamer sein als internationale Vereinbarungen. Klimaschutz kann also gelingen – auch ohne perfekte Gipfelergebnisse.
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