zum Hauptinhalt
Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (r.) im Gespräch mit Tagesthemen-Moderatorin Aline Abboud (l.).

© Screenshot Tagesthemen

Badenberg und die „Letzte Generation“: Warum der TV-Auftritt von Berlins Justizsenatorin schiefgehen musste

Berlins Justizsenatorin macht Stimmung gegen Klimakleber, weil sie sonst nichts gegen sie unternehmen darf. Warum bekommt sie dafür die große Bühne? 

Jost Müller-Neuhof
Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Stand:

Justizminister sind nicht dafür zuständig, Gesetze durchzusetzen. Schon gar nicht im Strafrecht. Staatsanwaltschaften sind zwar nicht unabhängig, müssen aber so arbeiten, als wären sie es. Weisungen von oben verkneift sich jeder, der bei Sinnen ist.

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg hat also Recht, wenn sie sich in der Diskussion um die Klimakleber als kriminelle Vereinigung vor dem „Tagesthemen“-Millionenpublikum auf ihren - kleinen - „Verantwortungsbereich“ zurückzieht. Ihre erkennbar fehlende TV-Routine, derentwegen sie bei Twitter in durchaus frauenfeindlicher Manier in die Dümmlich-Ecke gestellt wird, macht sie dabei eher sympathisch.

Aber warum bittet man jemanden, der zu dem Thema im Prinzip nichts zu sagen hat, überhaupt auf die Fernsehbühne? Weil dem Publikum die Show vorgespielt wird, Badenberg habe die Befugnis, die Kleber als kriminell gemäß Paragraf 129 Strafgesetzbuch einzustufen.

Die Moderatorin wirkt daran mit. Doch ihre Rolle hat sich die Senatorin selbst gesucht, indem sie in ihrer Behörde eine Art Ober-Gutachten zu dieser Frage erstellen lässt. Die frühere Spitzenbeamtin aus dem Verfassungsschutz versucht sich damit als Politikerin. Es geht ihr um ein Symbol gegen die vermeintlich lahme Berliner Staatsanwaltschaft, während man in Bayern und Brandenburg auf Zack zu sein scheint.

Strafjustiz ist keine politikfreie Zone. Die förmliche Subsumtion der „Letzten Generation“ unter den Tatbestand „Bildung krimineller Vereinigungen“ - und deren dafür notwendige Zerlegung und Analyse - erfolgt durch Menschen mit eigener Lebenswirklichkeit und persönlichen Ansichten. Aber eben doch nach Maßgabe des Gesetzes.

Für die „Letzte Generation“ ist die Straftat nicht allein Mittel geblieben, sondern immer mehr Zweck geworden. Ohne Straftat kein öffentliches Ärgernis, ohne Ärgernis keine Aufmerksamkeit und keine Möglichkeit, sich als Opponent - und Opfer - einer fehlgeleiteten Staatsgewalt zu inszenieren, die sich nach Erzählung der Aktivisten für den Weltuntergang entschieden hat.

Wir haben die Ermittlungsakten nicht. Doch in der Annahme, dass derartiges organisiertes Vorgehen zumindest in Teilen etwas von krimineller Vereinigung haben könnte, ist vorerst keine Willkür zu erkennen. Und auch keine Politik.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })