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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht beim Arbeitgebertag 2025.

© dpa/Fabian Sommer

Wenn Unternehmer mit der AfD sprechen wollen: Anprangern ist das eine, Bessermachen das Bessere

Der Familienunternehmerverband will mit AfD-Fachpolitikern ins Gespräch kommen. Und was ist da mit der Brandmauer? Die Regierung muss darauf reagieren, damit daraus kein Flächenbrand wird.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Wenn das nicht die Vorhut ist, die für eine große Debatte sorgt, wie weit die AfD schon in Unternehmerkreise vorgedrungen ist und was dagegen hilft.

Die „Familienunternehmer“, 6500 Mitglieder, wollen mit AfD-Fachpolitikern ins Gespräch kommen, sagen sie. Von wegen Brandmauer. Bleibt die Frage, ob bei den größeren Verbänden nicht ähnlich gedacht, es nur nicht offen gesagt wird.

Das kann man fatal nennen, es hilft nur nicht. Vielleicht zeigt sich hier ein Fluch der unterlassenen Tat, nämlich, dass nicht der Versuch unternommen worden ist, die AfD dort, wo sie erwiesenermaßen rechtsextrem ist, zu verbieten. So wuchert sie weiter, wächst in Sachsen-Anhalt und in Mecklenburg-Vorpommern in Umfragen gen absolute Mehrheit der Mandate, und wer weiß, wo noch.

Wo aber so viele sich vorstellen können, die AfD zu wählen, werden auch viele Unternehmer darunter sein, das wäre jedenfalls nicht verwunderlich.

Man muss sich das einmal vorstellen: Nicht mehr Union oder FDP sind erste Adressaten, sondern die Ultrarechten. Dem muss man auf den Grund gehen. Denn der Unwille der Menschen, die in der Republik etwas unternehmen (wollen), ist relevant. Ob groß oder klein, sie schaffen und sichern Arbeitsplätze; sie bilden das Rückgrat der Gesellschaft, wie wir sie kennen und behalten wollen.

Das aber ist die große Gefahr: Unternehmer, die sich der AfD zuwenden, wandeln das soziale Umfeld.

Stephan-Andreas Casdorff

Darum zu den Gründen. Was Unternehmer, zumal im Handwerk, treibt, ist allerlei: die übermäßige Bürokratie mit schwierigsten Umwelt-, Arbeits- und Dokumentationspflichten. Die ellenlangen Genehmigungsprozesse. Die ausbleibenden Steuersenkungen oder aus ihrer Sicht viel zu hohen Sozialabgaben. Die Energiewendekosten. Die Vorgaben zu Gebäudesanierungen. Die CO₂-Bepreisung. Und die Liste ist nicht vollständig.

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Dazu Vorbehalte diverser Art, das Gefühl, mit den eigenen wirtschaftlichen Sorgen nicht ernst genommen zu werden, die Sehnsucht nach klaren Regeln und Ordnung – da kommt die AfD ins Spiel. Sie redet wirtschaftsliberal und unternehmerfreundlich, und selbst wenn ihr Programm nicht hält, was es verspricht, gefällt es doch.

Die AfD wird als Oppositionskraft gewählt, weil sie einfach klingt, konsequenter, konservativer. Weil sie eine nationale wirtschaftliche Orientierung verheißt; egal, wie das mit der Globalisierung ist, heimische Wirtschaft will bevorzugt werden.

Es wächst der Wunsch nach Pragmatikern

Hier zeigt sich die Diskrepanz, die dringend überwunden werden muss. Während die Bundesregierung vor der AfD warnt, zu Recht, weil der Standort Deutschland darunter leiden würde, schauen dennoch etliche am Standort auf die AfD. Wo Betriebe von Umbrüchen betroffen sind, wächst der Wunsch nach Pragmatikern, nach Entlastung. Manche wünschen sich wahrscheinlich auch mehr von der Gesellschaft, wie sie früher einmal war.

Das aber ist die große Gefahr: Unternehmer, die sich der AfD zuwenden, wandeln das soziale Umfeld. Darum gilt es, an diesem Punkt anzusetzen. Nicht mit großen politischen Reden auf Arbeitgebertagen, zumindest nicht allein. Anprangern ist das eine, Bessermachen das Bessere.

So viel offenbart der Fall der Familienunternehmer: Es braucht einen Plan. Einen, der sich zieht bis hin zur kommunalen Ebene, dort, wo Gewerbegebiete erschlossen werden sollen, wo Umfahrungs- und Zufahrtsstraßen eine Rolle spielen, wo Unternehmen vorankommen wollen.

Warum nicht wie unter einem anderen Kanzler, der dann Reformen wagte, eine große Konferenz der Unternehmerinnen und Unternehmer aller Verbände organisieren? Um zu hören, was genau an Änderungen sie brauchen, das dann zu protokollieren, mit den Sozialpartnern, den Gewerkschaften, wo immer nötig zu konzertieren – und dann zu machen. Die etablierten Parteien müssen zeigen: Ihr müsst nicht mit denen von der AfD reden, damit es geschieht, redet einfach mit uns.

Eine Rede im Bundestag mit diesem Schwerpunkt wäre nicht von Übel. Womöglich im Rahmen der großen Debatte über das „Schicksalsbuch der Nation“, den Bundeshaushalt. Warum nicht jetzt gleich? Aktueller geht’s nicht.

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