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Wird Italien unter einer rechtspopulistischen Regierung zur Bruchstelle für die Eurozone?

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Nach dem Sturz Draghis: Wer rettet den Euro vor Italiens Politik?

Die Regierungskrise in Rom wird eine schwere Eurokrise auslösen und das Geld entwerten. Die EZB setzt mit Rettungszusagen die falschen Anreize. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Schlimm genug, dass Italien seine Regierung verliert. Gerade jetzt, wo die Folgen des Ukrainekriegs ein abgestimmtes und entschlossenes Handeln in Europa verlangen.

Es dürfte noch schlimmer kommen, nicht nur für Italien, sondern alle Länder der Eurozone und deren Bürger. Eine neue Währungskrise ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.

Sie wird weit größere Schäden anrichten als die Griechenlandkrise. Italien ist die drittgrößte Wirtschaft der EU nach Deutschland und Frankreich.

Sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist rund zehn Mal so groß wie das griechische. Geht das internationale Vertrauen in ein so bedeutendes Land und seine Ökonomie verloren, ist das Zerstörungspotenzial gewaltig.

Italien hat jetzt einen Misstrauensvorschuss

Diese Gefahr löste schon 2015 Sorgen aus, als Griechenland Italien mitzureißen drohte. Seither sind die Risiken gewachsen.

Italien war damals mit 130 Prozent seines BIP verschuldet, heute mit 150 Prozent. Die Regierung Renzi weckte damals Zuversicht bei den EU-Partnern und internationalen Märkten, dass sie die Probleme angehen wolle. Jetzt führt der mutwillige Sturz des angesehenen Premiers Mario Draghi zu einem Misstrauensvorschuss. Auch er hat zu zaghaft reformiert. Aber die Richtung stimmte, der Wille war erkennbar.

In rechten Kreisen fühlt sich Giorgia Meloni (Mitte) wohl. Dazu gehört auch Silvio Berlusconi von der Forza Italia (rechts) und Matteo Salvini von der Lega Nord (links).
In rechten Kreisen fühlt sich Giorgia Meloni (Mitte) wohl. Dazu gehört auch Silvio Berlusconi von der Forza Italia (rechts) und Matteo Salvini von der Lega Nord (links).

© REUTERS

Für die Zukunft wird das Gegenteil erwartet: eine rechtspopulistische Koalition aus den Brüdern Italiens unter Giorgia Meloni – sie wäre die erste Frau an der Regierungsspitze –, Matteo Salvinis Lega Nord und der Forza Italia des greisen Silvio Berlusconi. Sie alle stehen im Ruf, den Staat als Beute zu betrachten und ihre Verantwortung für Italiens Bürger und Europas Zusammenhalt zu ignorieren.

Wie kann Europa Regelbrecher zur Kooperation zwingen?

Das Ausmaß des Misstrauens lässt sich an den „Spreads“ ablesen, der Differenz in den Zinssätzen für deutsche und italienische Staatsanleihen. Die wäre noch größer, hätte die EZB nicht neue Rettungstaten für den Fall der Fälle angekündigt: Sie will Anleihen taumelnder Eurostaaten kaufen, um den Euro zu stabilisieren.

Das ist nicht nur rechtlich fragwürdig. Die EZB darf Eurostaaten nicht indirekt finanzieren. Es ist vor allem ein „moral hazard“, ein falscher Anreiz. Sie müsste Italiens Regierung zu Reformen drängen und nicht ermuntern, Zinssätze und Schulden zu ignorieren, weil die EZB das Land retten wird und die Europartner mitmachen müssen, weil sonst die Gemeinschaftswährung zerbricht.

Wer rettet den Euro vor Italiens Politik? Die Regeln für EU und Eurozone stammen aus einer Zeit, als man darauf vertraute, dass alle sich an Regeln halten. Wirksame Strafen für Fehlverhalten sind nicht vorgesehen.

Auch da wird es Zeit für ein Umdenken in Berlin, Paris und Brüssel. Wie kann man Regelbrechern so weh tun, dass die es vorziehen, zu kooperieren?

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