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Westbalkan-Gipfel im Kanzleramt.

© Foto: AFP/Jens Schlueter

Westbalkan-Gipfel im Kanzleramt: Bundesregierung erwartet von Serbien Ende der Schaukelpolitik

Serbien führt zwar seit 2014 Verhandlungen mit der EU, pflegt aber gleichzeitig ein enges Verhältnis zu Moskau. Das muss aufhören, findet die Regierung.

Alle sechs Staaten des westlichen Balkans haben eines gemeinsam: Sie haben erklärt, irgendwann Mitglied der EU werden zu wollen. Aber ansonsten überwiegt im Binnenverhältnis der ex-jugoslawischen Staaten Serbien, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina sowie zwischen Albanien häufig das Trennende.

Um dies zu ändern, lud Kanzler Olaf Scholz (SPD) die serbische Regierungschefin Ana Brnabic und die Regierungschefs der fünf übrigen Westbalkanstaaten am Donnerstag zu einem Gipfel ins Kanzleramt ein. Bei dem Treffen wurden drei Abkommen unterzeichnet, die zu einer größeren Mobilität in der Region führen sollen.

Bundeskanzler Scholz und die serbische Regierungschefin Ana Brnabic am Donnerstag bei der Westbalkan-Konferenz im Kanzleramt.
Bundeskanzler Scholz und die serbische Regierungschefin Ana Brnabic am Donnerstag bei der Westbalkan-Konferenz im Kanzleramt.

© Foto: IMAGO/Christian Spicker

Wie schwierig auf dem westlichen Balkan insbesondere das Verhältnis zwischen Serbien und dem Kosovo ist, zeigt der jüngst wieder hochgekochte Streit zwischen beiden Ländern um Pkw-Nummernschilder. Seit Dienstag gilt im Kosovo ein Verbot serbischer Autokennzeichen. Allerdings weigern sich Angehörige der serbischen Minderheit, ihre Pkw-Schilder auszutauschen. Immerhin zeigt sich der Premierminister des Kosovo, Albin Kurti, kompromissbereit: Statt Geldstrafen gibt es für die säumigen Pkw-Besitzer lediglich Verwarnungen.

2008
In diesem Jahr hat das Kosovo seine Unabhängigkeit erklärt, wird aber von Serbien nicht anerkannt.

Scholz appellierte an Serbien und das Kosovo, die Normalisierung ihrer Beziehungen voranzutreiben. Berlin und Paris arbeiten derzeit an einem Plan für Serbien und das Kosovo, das zwar 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt hatte, aber von Belgrad nicht anerkannt wird. Scholz sagte nach dem Gipfel, er hoffe, dass „eine Verständigung gelingt“.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic verfolgt seit Jahren eine Schaukelpolitik zwischen der EU und Russland. Obwohl Serbien schon seit 2014 Beitrittsgespräche mit der EU führt, hatte das Land zuletzt im September ein Abkommen zur verstärkten außenpolitischen Kooperation mit Russland unterzeichnet. Vor dem Gipfel im Kanzleramt hatte es aus Berliner Regierungskreisen geheißen, dass sich Serbien zwischen der EU und Russland entscheiden müsse. Auf dem Zaun zu sitzen, sei für die serbische Regierung angesichts des Ukraine-Krieges „zunehmend unbequem“, hatte ein Regierungsvertreter gesagt.

Die drei Abkommen, die in Berlin unterzeichnet wurden, sollen es einerseits ermöglichen, dass beim Einreisen in die anderen Länder in der Region der Personalausweis ausreicht. Mit den beiden anderen Abkommen erkennen die Westbalkan-Länder untereinander akademische und Berufsabschlüsse an.

Scholz erklärte nach dem Treffen, dass die Westbalkan-Staaten „Teil der europäischen Familie“ seien. Neben den drei Abkommen hätten sich die Staaten aus der Region untereinander für eine verstärkte Kooperation im Energiebereich ausgesprochen, sagte er weiter.

Die Unterstützung, die Deutschland und die EU insgesamt für die Region leisten, sind auch ein Signal an Russland, das im gesamten Westbalkan zunehmend Einfluss zu nehmen versucht. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte, dass Russlands Überfall auf die Ukraine eine „geopolitische Verschiebung auf diesem Kontinent“ darstelle. Sie kündigte an, dass die EU angesichts der Energiekrise ab Januar ein Hilfspaket aus Beihilfen und Darlehen mit einem Volumen von insgesamt einer Milliarde Euro zur Verfügung stellen werde.

Allerdings hat keiner der Westbalkan-Staaten in unmittelbarer Zukunft Aussicht auf einen Beitritt zur Europäischen Union, weil etwa rechtsstaatliche EU-Standards noch nicht erreicht sind. Umso größeres Gewicht hat deshalb ein geplanter gemeinsamer Wirtschaftsraum, über den die sechs Staaten ebenfalls verhandeln.

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