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Griechenland wird schon seit längerem vorgeworfen, an der Grenze zur Türkei nicht ausreichend zu kontrollieren.

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Update

Flüchtlinge in Europa: Wien fordert vorübergehenden Ausschluss Griechenlands aus Schengen-Raum

Es sei "ein Mythos, dass die griechisch-türkische Grenze nicht kontrolliert werden kann", sagt die konservative österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner - und drohte mit einem vorübergehenden Ausschluss Griechenlands aus dem Schengen-Raum.

Die in der Flüchtlingskrise von der Regierung in Kopenhagen eingeführten Grenzkontrollen beeinträchtigen nach den Worten der schleswig-holsteinischen Justiz- und Europaministerin Anke Spoorendonk den Alltag im deutsch-dänischen Grenzgebiet. „Die dänischen Grenzkontrollen stellen natürlich eine Belastung für das Leben im Grenzgebiet dar“, sagte die Politikerin des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) dem Tagesspiegel. „Für die vielen Berufspendler oder Studierenden etwa ist dies eine tagtägliche Behinderung“, sagte Spoorendonk weiter. Täglich überqueren rund 9000 Berufspendler die deutsch-dänische Grenze.

Dänemark hat zu Beginn des Jahres in der Flüchtlingskrise stichprobenartige Kontrollen an der Grenze zu Deutschland eingeführt und damit auf die verschärften Ausweiskontrollen in Schweden reagiert. Deutschland, Dänemark und Schweden gehören dem Schengen-Raum an, in dem das passfreie Reisen eigentlich die Regel ist. Eine vorübergehende Einführung von Kontrollen, die im Maximalfall zwei Jahre andauern können, ist aber möglich.

Nicht nur Dänemark spricht sich für längere Grenzkontrollen aus

Spoorendonk sagte dem Tagesspiegel weiter, sie habe gegenüber der zuständigen dänischen Integrationsministerin Inger Støjberg die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass die Dauer der Kontrollen so kurz wie möglich sei. Zudem setze sie darauf, „dass es keine weiteren Verschärfungen geben wird, die das grenzüberschreitende Leben zusätzlich belasten“, sagte Spoorendonk.

Allerdings sieht es derzeit nicht danach aus, dass die Grenzkontrollen nur von kurzer Dauer sind. Nach einem Bericht der Zeitung "Le Monde" befürwortet Dänemark längere Kontrollen. Damit ist die Regierung in Kopenhagen offenbar nicht allein: Wie das Blatt weiter berichtete, streben auch Deutschland, Schweden und Österreich eine Verlängerung der Grenzkontrollen an, die höchstens bis Ende 2017 andauern kann. Demnach solle über eine weitere Verlängerung der Kontrollen am kommenden Montag beim informellen Treffen der EU-Innenminister in Amsterdam gesprochen werden. Wie das Blatt weiter berichtete, will die EU-Kommission sich dazu erst beim nächsten EU-Gipfel am 18. und 19. Februar äußern. Die Kommission müsste zustimmen, bevor beispielsweise die in Deutschland im vergangenen September eingeführten Kontrollen an der Grenze zu Österreich über den kommenden Mai hinaus verlängert werden könnten. Für einen solchen Schritt gemäß Artikel 26 des Schengener Grenzkodexes wäre eine wochen- oder sogar monatelange Prüfung durch die Brüsseler Behörde nötig. Sie müsste der Regelung zufolge feststellen, dass angesichts der mangelnden Kontrollen der Flüchtlinge in Griechenland eine Gefahr für die Sicherheit innerhalb des Schengen-Raums besteht.

Kann die griechisch-türkische Grenze überhaupt kontrolliert werden?

Die konservative österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner drohte unterdessen in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" mit einem vorübergehenden Ausschluss Griechenlands aus dem Schengen-Raum. "Wenn ein Schengen-Staat seinen Verpflichtungen dauerhaft nicht nachkommt und nur zögerlich Hilfe annehmen will, dann darf es keine Denkverbote geben", sagte Mikl-Leitner. Es sei "ein Mythos, dass die griechisch-türkische Grenze nicht kontrolliert werden kann", erklärte die ÖVP-Politikerin weiter.

Die griechisch-türkische Grenze stellt eine Außengrenze des Schengen-Raums dar. Auf der Balkanroute passieren die Flüchtlinge noch eine weitere Schengen-Außengrenze - nämlich die zwischen Slowenien und Kroatien. Zur Sicherung dieser Schengen-Außengrenze hat die Wiener Regierung aus Sozialdemokraten und ÖVP bereits mehrfach eine gemeinsame Grenzsicherung durch Deutschland, Österreich und Slowenien ins Spiel gebracht. Die Bundesregierung in Berlin hatte in der vergangenen Woche Gespräche mit Slowenien und Österreich über gemeinsame Maßnahmen bestätigt. Ein Konzept gebe es aber nicht.

Es ist nicht das erste Mal, dass in der EU über einen vorübergehenden Ausschluss Griechenlands aus dem Schengen-Raum diskutiert wird. Bereits im vergangenen November hatte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras am Rande eines EU-Türkei-Gipfels in Brüssel nach Angaben aus EU-Kreisen aufgefordert, größere Anstrengungen zur Lösung der Flüchtlingskrise zu unternehmen. Ansonsten könne ein vorübergehender oder endgültiger Ausschluss Griechenlands aus dem Schengen-Raum auf die Tagesordnung kommen, hatte Juncker den Angaben zufolge gesagt.

Griechenland ist genauso wie Italien mit dem Aufbau der so genannten Hotspots in Verzug, in denen Flüchtlinge erfasst und registriert werden sollen. Eine lückenlose Erfassung der Flüchtlinge gilt wiederum als Vorbedingung für die Umverteilung der Schutzsuchenden in der EU, die ebenfalls kaum vorankommt. Zu Beginn dieser Woche hatte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos gefordert, dass sämtliche geplanten Erfassungszentren in Griechenland und Italien innerhalb der nächsten "vier Wochen" einsatzbereit sein sollten.

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