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„Wir würden nachsteuern“: Mützenich zeigt sich offen für Maßnahmen gegen Bürgergeld-Missbrauch
Die staatliche Sozialleistung ist nach wie vor heftig umstritten. Sollte die SPD an einer neuen Regierung beteiligt sein, sei er offen für Nachbesserungen, so der Fraktionschef.
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Das Bürgergeld ist in Deutschland nach wie vor heftig umstritten. Immer wieder gibt es Forderungen, dieses System der staatlichen Sozialleistung ganz zu streichen, wie jüngst vom Unionskanzlerkandidaten und CDU Chef Friedrich Merz, oder aber zumindest weiter nachzubessern.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hat nun angekündigt, dass seine Partei im Fall einer erneuten Regierungsbeteiligung Missbrauch beim Bürgergeld effektiver bekämpfen wolle.
Aber ich finde es richtig, nicht durchgehen zu lassen, wenn jemand das System ausnutzt.
Rolf Mützenich, SPD-Fraktionsvorsitzender
„Unsere Grundidee war und ist, dass Menschen nach ihren Stärken gefördert werden und wieder auf den ersten Arbeitsmarkt kommen. Das soll auch so bleiben“, sagte Mützenich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Aber ich finde es richtig, nicht durchgehen zu lassen, wenn jemand das System ausnutzt. Sollten wir Gelegenheit dazu haben, würden wir in einer neuen Regierung nachsteuern.“
Er fügte hinzu: „Vielleicht halten sich manche Menschen zu lange im Bürgergeldsystem auf. Und ein Teil der Flüchtlinge aus der Ukraine hat offenbar einen Mehrwert abgeschöpft, der nicht gerechtfertigt ist.“
Mit der Einführung des Bürgergelds war 2023 die zuvor Hartz IV genannte Grundsicherung abgelöst worden. Auch die Union trug das sozialpolitische Prestigeprojekt der Ampel mit, nachdem sie in einem Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat Verschärfungen durchsetzen konnte. Doch schnell gab es Kritik am Bürgergeld. Sie zielt darauf ab, dass die Jobcenter zu viel fördern und zu wenig fordern würden.
Der Präsident der Diakonie-Deutschland, Rüdiger Schuch, kritisierte an Heiligabend, dass die Diskussion um das Bürgergeld von fast allen Parteien populistisch betrieben werde. „Ich halte es für gefährlich, auf Kosten derer, die es eh nicht einfach haben im Leben, politischen Streit zu entfesseln“, sagte Schuch der „Augsburger Allgemeinen“.
Die Bundesagentur für Arbeit gehe davon aus, dass zwischen 14.000 und 16.000 Menschen nicht arbeitswillig seien. Es werde aber suggeriert, man habe es mit Hunderttausenden von Menschen zu tun, die sich mit dem Bürgergeld ein ruhiges Leben machten. „Seriös ist das nicht.“
In der Debatte gehe etwa völlig unter, dass viele Bürgergeldempfänger zwar nicht in der Lage seien zu arbeiten, sich aber im Rahmen ihrer Möglichkeiten ehrenamtlich engagierten, gab Schuch zu bedenken. Auf diese Weise leisteten sie ebenfalls einen Beitrag für die Gesellschaft.
Auch die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa, hatte kurz zuvor im Tagesspiegel die Art, wie in der Öffentlichkeit über das Bürgergeld gestritten wird, kritisiert. „Über diese Debatte ärgere ich mich, und ich bin auch ein bisschen verzweifelt. Es werden permanent Emotionen geweckt, die Sozialneid nach unten schüren.“
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schreibt auf seiner Webseite, die Lebensumstände der Bürgergeld-Empfänger seien vielfältig. Viele pflegten Angehörige, besuchten Sprachkurse, holten eine Ausbildung nach, seien alleinerziehend oder chronisch erkrankt. „Weniger als die Hälfte der erwerbsfähigen Bürgergeldbeziehenden sind überhaupt arbeitslos und hiervon wiederum verweigern nur einige wenige nachhaltig die Aufnahme einer Arbeit.“
Die Praxis, so das Ministerium weiter, zeige: „Die allermeisten Menschen wollen arbeiten. Es gibt nur einige wenige Bürgergeld-Beziehende, die zumutbare Arbeitsaufnahmen beharrlich verweigern und somit bewusst ihre Hilfebedürftigkeit aufrechterhalten bzw. nicht verringern.“ (lem)
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