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Zirkus, Zucht und Schlachtung: Ampel will strengere Regeln für Tierschutz
Im Bundestag diskutieren Ampel und Opposition über eine große Reform des Tierschutzgesetzes. Geht sie durch, hätte sie große Auswirkungen für Landwirte, Schlachter und Zirkusbesucher.
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Ralf Huppertz klingt am Telefon aufgebracht. „Es ist eine Unverschämtheit, uns so anzugreifen“, sagt der Vorsitzende des Verbands deutscher Circusunternehmen über die Pläne der Ampel-Regierung. „Den Tieren geht es gut im Zirkus“, sagt Huppertz und ergänzt: „Für viele von uns sind sie fast Familienmitglieder.“
Seit mehr als 40 Jahren ist Ralf Huppertz als Zirkusdirektor unterwegs, organisiert unter anderem den Rostocker und den Schweriner Weihnachtszirkus. Doch geht es nach der Ampel-Regierung, müssen Huppertz und seine Kollegen schon bald ihr Geschäft verändern. Ein neues Tierschutzgesetz, das am Donnerstag in erster Lesung in den Bundestag kam, sieht vor, dass Zirkusse keine Neuanschaffungen mehr von Wildtieren wie Elefanten, Affen, Robben oder Großkatzen tätigen dürfen.
Den Zirkustieren geht es psychisch und physisch besser als den Zootieren.
Zirkusdirektor Ralf Huppertz sieht die geplanten Änderungen im Tierschutzgesetz kritisch.
Huppertz ärgert die geplante Regelung, er findet sie ungerecht. „Den Zirkustieren geht es psychisch und physisch besser als den Zootieren“, sagt er und verweist auf das tägliche Training der Tiere, die mehr Muskeln hätten als die Artgenossen im Zoo und zudem immer neue Orte sehen würden. Zudem gebe es bereits strenge Regeln und Kontrollen.
Umsatzfördernde Tiernummern
An den Tiernummern in seinem Zirkus – zuletzt mit Elefanten, Bisons und Seehunden – will er so lange wie möglich festhalten. Das habe auch wirtschaftliche Gründe. „Wir sehen, dass Zirkusse, die an den Tiernummern festhalten, gute Umsätze machen“, sagt Huppertz.
Doch nicht nur für die Zirkusse will die Ampel-Regierung Änderungen. Im Haustierbereich soll es ein Verbot von sogenannten Qualzuchten geben. Auch bei der Haltung von Nutztieren soll es Änderungen geben, etwa könnte es künftig eine Verpflichtung zu Videoaufzeichnungen in Schlachthöfen geben. Zudem soll Landwirten das Kupieren von Schwänzen von Lämmern verboten und die Regeln bei Ferkeln konkretisiert werden.

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Für schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzrecht soll außerdem der Straf- und Bußgeldrahmen angepasst werden. Strafen von bis zu 50.000 Euro sollen künftig möglich sein. Wer Tiere ohne „vernünftigen Grund“ tötet, muss sogar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.
„Wir verbessern den Tierschutz in der Breite“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Ophelia Nick, bei der Debatte im Bundestag. Sie erinnerte daran, dass der Tierschutz im Grundgesetz verankert sei. Dem wolle man nachkommen, etwa indem man die Anbindehaltung, etwa für Rinder, beende. „Tiere brauchen Auslauf“, so die Grünen-Politikerin.
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Scharfe Kritik kam hingegen aus der Union. „Dieser Gesetzentwurf ist vollkommen überzogen“, sagt die CDU-Poltikerin Astrid Damerow. So könne etwa das Kupier-Verbot zu einem Befall von Fliegen und Maden an den Tieren sorgen. „So laufen wir Gefahr, unsere Tierzucht ins Ausland zu verdrängen.“
Tierschutz und Bürokratie
Der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Albert Stegemann, warnte vor den wirtschaftlichen Folgen des Gesetzes: „Die jetzt vorgesehenen Änderungen haben spürbare einseitige negative Folgen für die heimische Landwirtschaft: deutlich mehr Bürokratie und höhere Kosten für die Tierhalter“, sagte Stegemann dem Tagesspiegel. Alleine die jährlichen Bürokratiekosten würden sich auf 106,5 Millionen Euro belaufen.
Die SPD-Abgeordnete Susanne Mittag lobt, die Novelle würde das Leben vieler Tiere verlängern und verbessern. Sie räumte aber ein, dass das Gesetz noch nicht final abgeschlossen sei. „Alle Argumente sind wichtig. Das verhandeln wir jetzt gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern und mit den Verbänden.“ Für Ralf Huppertz und seine Zirkustiere ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
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