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Zur Stärkung der Wirtschaft: Koalition beschließt vergünstigten Strom für Industrie und weniger Steuern auf Flüge
In ihrem Koalitionsausschuss haben Union und SPD Maßnahmen vereinbart, um die Wirtschaft zu stärken. Die Spitzenrunde einigte sich zudem auf eine neue Kraftwerksstrategie und einen „Deutschland-Fonds“.
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Vom 1. Januar an werden besonders energieintensive Unternehmen zumindest einen Teil ihres Strombedarfes mit staatlich subventionierter Elektrizität bestreiten können. Der Koalitionsausschuss der Spitzen von Union und SPD billigte am Donnerstagabend entsprechende Pläne von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche, die diese in den vergangenen Tagen gleich mehrfach in Brüssel mit den EU-Wettbewerbshütern abgestimmt hatte.
„Alle Signale stehen auf grün“, sagte Vizekanzler Lars Klingbeil zu der aus Brüssel erwarteten finalen Zusage. Mit drei bis fünf Milliarden Euro jährlich bezifferte er die Kosten der Subventionierung, die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden sollen.
Einen sogenannten Industriestrompreis hatte zu Ampelzeiten bereits der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck gefordert, was vom damaligen SPD-Kanzler Olaf Scholz abgelehnt worden war. Er verwies dabei auf eine Bevorzugung von Großkonzernen gegenüber dem Mittelstand. Die Umweltökonomin Claudia Kemfert vom DIW Berlin hatte im Vorfeld bereits kritisiert, die Entscheidung benachteilige Unternehmen, die vorausschauend auf Energieeffizienz setzten.
„Gefahr der Deindustrialisierung“ entgegenwirken
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verteidigte die staatliche bezahlte Vergünstigung auf fünf Cent pro Kilowattstunde als notwendigen Eingriff in einer wirtschaftlich weiter schwierigen Situation. CSU-Chef Markus Söder sagte, die Koalition kämpfe gegen die „Gefahr der Deindustrialisierung“. Arbeitsministerin Bärbel Bas rief die Unternehmen auf, ihren Belegschaften nach dieser staatlichen Zusage nun ihrerseits Beschäftigungszusicherungen zu geben.
Die Spitzenrunde beschloss zudem eine neue Kraftwerksstrategie. Auch sie sieht staatliche Beihilfen für Energieversorger vor, die in neue Gaskraftwerke investieren. Ausgeschrieben werden soll nächstes Jahr eine Größenordnung von acht bis zehn Gigawatt. In Betrieb gehen sollen die Anlagen bis zum Jahr 2031, um die Energieversorgung Deutschlands auch dann sicherzustellen, so Merz, „wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint“.
Aus dem Gas soll später Wasserstoff werden
Um dem Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 nicht im Weg zu stehen, müssen die Gaskraftwerke so gebaut werden, dass sie in späteren Jahren auch mit sogenanntem grünem Wasserstoff oder anderen klimafreundlichen Gasen betrieben werden können. Söder hob hervor, dass die neuen Anlagen insbesondere den industriestarken Regionen Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen zugute kommen würden.
Finanzminister Lars Klingbeil kündigte an, die Details des sogenannten „Deutschland-Fonds“ in den kommenden Tagen zusammen mit Wirtschaftsministerin Reiche noch genauer vorzustellen. Er bezeichnete den mit einen staatlich finanzierten Grundstock ausgestatteten Fonds als „Andockstelle für privates Kapital“. Geldgeber von außen könnten dann beispielsweise in das Energiesystem oder die deutsche Rohstoffversorgung investieren.
Das Quartett der Parteivorsitzenden kündigte zudem eine Senkung der Luftverkehrssteuer um rund 350 Millionen Euro an. Als Grund nannte Kanzler Merz, dass der Flugverkehr in Deutschland als einem der wenigen EU-Länder noch nicht wieder das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht habe. SPD-Chef Klingbeil sagte, man sehe, dass dort Arbeitsplätze bedroht seien.
Die Koalitionsrunde wollte nach der Pressekonferenz im Verlauf des weiteren Abends über die in der Regierung noch strittigen Fragen zum sogenannten Verbrenner-Aus sowie über das künftige Rentenniveau beraten. Auf die Frage, ob er sich eine Einigung bei den beiden Thema in der Nacht vorstellen könnte, antwortete Merz mit einem klaren „Ja“.
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