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Nur wer reinkommt, ist drin: Parlamentsausweise sind begehrt.

© Kai-Uwe Heinrich

Bundestag: Zutritt für Nazis verboten. Und für Lobbyisten wird er eingeschränkt

Ein NPD-Funktionär will sich einen Bundestagsausweis erstreiten – während der Ältestenrat neue Regeln für Interessenvertreter beschließt.

Berlin - Uwe Meenen ist niemand, den man sich in einem demokratischen Parlament gut vorstellen kann. Dennoch will der vorbestrafte Neonazi hinein. Nicht als Abgeordneter, sondern in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter des früheren NPD-Chefs Udo Voigt, der für seine Partei im Europaparlament sitzt. Voigt verfügt über einen der begehrten Hausausweise, die unbeschränkt Zugang zu allen Bundestagsliegenschaften gewähren. Meenen will auch einen, doch die Bundestagsverwaltung lehnt es bisher ab. Jetzt ist er der erste Nazi, der auf Zutritt klagt.

Meenen ist, wie sein Chef, ein Radikaler und Volksverhetzer. Er gehört zum Vorstand der Partei, deren Verbot Anfang März vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt wird. Bis 2012 war er zwei Jahre lang Berliner Landesvorsitzender. Öfter trat er als interessierter Käufer von Immobilien auf, in denen die Partei ihre Getreuen schulen wollte. Mit seinem Chef Voigt verbindet ihn besonders die Anklagebank im Berliner Kriminalgericht, das die beiden vor vier Jahren zu einer Bewährungsstrafe verurteilte. Die Parlamentsverwaltung folgert daraus, Meenen fehle es an der nötigen „Zuverlässigkeit“ für den Eintritt in das hohe Haus.

Allerdings kann sich Meenen, wie Voigt, auf einen Rechtsanspruch berufen. Denn laut Hausordnung des Bundestags, einem Anhang zu dessen Geschäftsordnung, ist nicht nur Europaabgeordneten ein Ausweis zu erteilen, sondern es gibt auch welche für „die in den Büros im Deutschen Bundestag beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments“. Ermessensspielräume sind nicht vorgesehen. Insofern stellt sich die Frage, weshalb Meenen als „unzuverlässig“ gilt, sein Chef jedoch nicht. Zudem argumentiert Meenens Anwalt damit, dass sich dieser auch mit einer Verfassungsbeschwerde gegen seine Verurteilung wehre. Das Berliner Verwaltungsgericht kündigte am Mittwoch an, den Fall noch im ersten Halbjahr verhandeln zu wollen.

In der Diskussion um den Zugang zum Parlament für Lobbyisten will der Ältestenrat bei seiner Sitzung an diesem Donnerstag die Regeln ändern. Nach der Beschlussvorlage der Parlamentsverwaltung, die dem Tagesspiegel vorliegt, soll es für öffentlich registrierte Verbände künftig nur noch jeweils zwei Hausausweise statt fünf geben. Die Tickets für Firmenvertreter werden ganz gestrichen. „Das Verfahren, welches bisher die Ausgabe von Hausausweisen anknüpfend an die Befürwortung durch die Parlamentarischen Geschäftsführer vorsah, entfällt.“ Seitens der Fraktionen würden künftig lediglich noch politische Parteien und Stiftungen benannt, bei denen ein parlamentarisches Interesse an den Hausausweisen bestehe. Insgesamt sollen die Maßnahmen eine „signifikante Verringerung“ der Hausausweise bewirken.

Bisher hatten Stiftungen, Parteien und Dutzende von Unternehmen, PR- und Lobbyagenturen zusammen mehr als tausend Tickets auf exklusiven Wunsch der Fraktionen erhalten, ohne dass dies öffentlich gemacht werden musste. Entsprechende Listen wurden erst nach einer Tagesspiegel-Auskunftsklage Ende November bekannt. Danach kamen die Fraktionen überein, die Zugangs- und Verhaltensregeln zu ändern. Die Union wollte weiterhin Wirtschaftsvertreter mit den Tickets ausstatten, allerdings mischte sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in die Debatte ein und bestand darauf, Firmenlobbyisten den Zugang zu erschweren. Seine Vorschläge soll der Ältestenrat jetzt im Wesentlichen übernehmen, nachdem sich die Fraktionen zuvor darüber verständigt hatten.

Statt mehr als 2000 Hausausweise für Lobbyisten wird es dann voraussichtlich nur noch einige hundert geben, zudem Dutzende für Parteien und parteinahe Stiftungen. Der Opposition genügt das nicht. Sie begrüßt die Änderungen als Schritt in die richtige Richtung, fordert aber schon länger ein transparenteres System. „Einige Lobbyisten müssen sich jetzt künftig zwar immerhin Termine geben lassen, wenn sie ins Parlament wollen. Aber Abgeordnete lassen sich nicht nur im Bundestagsbüro, sondern auch am Telefon, im Café oder im Park beeinflussen“, sagt die Linken-Abgeordnete Petra Sitte, die den Kompromiss mitverhandelt hat.

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