zum Hauptinhalt
Die Kuppel des Reichstages. Im Juni 1991 fiel die Entscheidung für den Umzug des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung nach Berlin. Doch nach wie vor sind einige Ministerien in Bonn angesiedelt. Das soll sich nun ändern, fordern Berliner Politiker.

© dpa

Brandenburg: 20 Jahre danach: Berlin will alles

Klaus Wowereit und die Parteien im Abgeordnetenhaus verlangen den Umzug sämtlicher Ministerien aus Bonn

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Stand:

Berlin - Zwanzig Jahre nach dem Hauptstadtbeschluss des Deutschen Bundestages fordern Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und alle fünf Fraktionen im Abgeordnetenhaus der Stadt, dass die in Bonn verbliebenen Bundesministerien endlich nach Berlin umziehen. „Es ist an der Zeit, der tatsächlichen Entwicklung Rechnung zu tragen“, sagte Wowereit am Freitag. Die Aufsplitterung vieler Bundesministerien zwischen Bonn und Berlin könne keine Dauerlösung sein.

Am 20. Juni 1991 hatte der Bundestag beschlossen, dass Parlament und Regierung vom Rhein an die Spree umziehen. In einer „fairen Arbeitsteilung“ zwischen der Bundesstadt Bonn und der Hauptstadt Berlin. Dieser Kompromiss wurde 1994 gesetzlich verankert. Sechs Ministerien blieben in Bonn. Solche Doppelstrukturen seien „uneffizient und teuer“, sagte Wowereit. Alle Bundesministerien sollten in der Hauptstadt konzentriert werden, Berlin begrüße jeden Schritt in diese Richtung, die Entscheidung sei Angelegenheit der Bundespolitik.

Auch die Fraktionschefs von SPD, Grünen, CDU, Linken und FDP sprachen sich gegenüber dieser Zeitung für einen raschen Umzug aller Bundesministerien aus. „Berlin braucht die ganze Hauptstadt“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Henkel. Das Berlin-Bonn-Gesetz von 1994, dass die Rollenverteilung zwischen Bonn und Berlin regelt, habe keine Rechtfertigung mehr. Leider gebe es immer noch starke Beharrungskräfte, vor allem in Nordrhein-Westfalen.

Jetzt müsse der Hauptstadtprozess vollständig beendet werden, forderte auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann. Berlin sei das Schaufenster Deutschlands geworden. „Allerdings muss Berlins Politik die damit verbundene Verantwortung besser ausfüllen.“ Kritik am Senat kam auch vom FDP-Fraktionschef Christoph Meyer. Über mehrere Jahre sei Wowereit als „pöbelnder Bittsteller“ aufgetreten, das habe bei vielen Bundespolitikern zu hinhaltendem Widerstand gegenüber der Hauptstadt beigetragen.

Aber auch Meyer ist „uneingeschränkt für den Umzug aller Ministerien aus Bonn nach Berlin“. Der Senat müsse aktiv für eine entsprechende Mehrheit im Bundestag werben. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, schloss sich der Forderung seiner Kollegen an, wies aber die Kritik der Opposition zurück. „Gerade in den letzten zehn Jahren wurde Berlin so gut aufgestellt, dass die Hauptstadt für alle, die hier leben, arbeiten oder als Gäste kommen, ein Bild der Vielfalt und Toleranz bietet.“ Berlin sei heute eine „Modellstadt ohne Allüren“.

Es sei Zeit, den Hauptstadtumzug zu vollenden, forderte auch der SPD-Fraktionschef Michael Müller. Für die Bonner Ministerien gebe es in Berlin genügend freie Flächen, zum Beispiel auf dem Flughafen Tempelhof. Rückendeckung erhält Berlin vom ehemaligen Umzugsbeauftragten der Bundesregierung, Klaus Töpfer (CDU). Es gehe hier nicht um einen „Rutschbahneffekt, sondern um eine praktisch-politische Notwendigkeit“. Was wirklich politische Entscheidungsrelevanz habe, „muss und wird in Gänze in Berlin sein“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })