Brandenburg: 47 gebrochene Hüftgelenke
Bundesweit wurden 13 Kliniken mit den fehlerhaften Implantaten beliefert. Häuser setzen auf Schulung
Stand:
Der österreichische Medizinproduktehersteller Falcon Medical hat nach eigenen Angaben bundesweit 13 Klinken mit fehlerhaften Hüftgelenken beliefert. Darunter befinden sich das St.-Hedwig-Krankenhaus in Berlin, das Kreiskrankenhaus Belzig und die Oberlinklinik in Potsdam. Insgesamt sind nach Firmenangaben 47 von rund 2400 Implantaten gebrochen. An die drei namentlich bekannten Kliniken seien jeweils „mehrere Dutzend Gelenke“ geliefert worden.
Bei der obersten Kontrollbehörde, dem Bonner Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) sind dagegen bisher lediglich 19 Meldungen über Zwischenfälle mit dieser Hüfte aus dem Bundesgebiet eingegangen. Die Hersteller sind gesetzlich verpflichtet, derartige Probleme an das Bfarm zu melden (siehe untenstehenden Text).
Man habe schon 2004 von Chirurgen anderer Häuser erfahren, dass die österreichischen Implantate brüchig werden könnten, sagte Krankenhaussprecherin Wiebke Zielinski. „Wir haben schon vor der Rückrufaktion des Herstellers keine fraglichen Prothesen verwendet.“ Nachdem Falcon Medical die Implantate Ende 2004 vom Markt genommen hatte, sei auf einer medizinischen Fachtagung im Sommer 2005 öffentlich über die fehlerhaften Gelenke debattiert worden. Die Patienten habe man nicht darüber informiert, weil bisher keine Probleme aufgetreten seien.
Im St. Hedwig-Krankenhaus dagegen gab es sechs Patienten, die nach der Implantation über Probleme klagten, der erste Januar 2005. Man habe aber die anderen Patienten nicht informiert, da nicht klar gewesen sei, ob alle Hüftgelenke betroffen seien, hieß es. Eine Pressemitteilung von Falcon Medical aus dem Februar 2005, in dem darauf hingewiesen wird, dass es bei der den Prothesen in Einzelfällen zu einer Korrosion und einem nachträglichen Bruch der Prothese kommen kann, habe das Krankenhaus nicht erhalten, sagt eine Sprecherin der St.-Hedwig-Kliniken. Die Rückrufmitteilung des Unternehmens wurde auf der Homepage des Bundesinstituts veröffentlicht. Schon in dem Augenblick hätte der Klinik klar sein können, dass es mit den Hüftgelenken erhebliche Probleme gibt, sagen Experten. Schließlich sei eine Rückrufaktion für einen Hersteller extrem unangenehm und deshalb nur ein letztes Mittel. Inzwischen rufen nicht nur in den betroffenen Kliniken besorgte Patienten an. Aufgrund der Vorkommnisse im St.-Hedwigs-Krankenhaus hat die Charité ihre eigene Produktpalette bei Hüft- und Knieendoprothesen überprüft. Ergebnis: An allen drei Standorten des Universitätsklinikums werden und wurden bei Hüft- und Knieendoprothesen Produkte der Firmen „Falcon Medical“ oder „Smith & Nephew“ nicht verwendet. „Intensive Schulungen und ärztliche Kontrollen sind unserer Ansicht nach geeignete Mittel, um Verwechslungen bei Prothesen auszuschließen“, erklärte hierzu der stellvertretende Ärztliche Direktor der Charité, Lutz Fritsche.
„Der Operateur prüft vor dem Einsatz selber die Verpackung der Prothese“, hieß es aus der Charité. Auch die Häuser des Klinikkonzerns Vivantes haben nach Auskunft einer Sprecherin ihren Bestand kontrolliert. Hüftprothesen der Firma Falcon Medical seien in ihren Kliniken nicht verwendet worden. Eine Knieprothese des Herstellers Smith & Nephew hingegen habe man im Angebot, bisher gebe es keine Schwierigkeiten damit. Es handele sich hierbei um eine anderes System als das im Hedwig-Krankenhaus verwendete. Auch in den Sana-Kliniken in Berlin und Brandenburg habe es keine Probleme mit fraglichen Prothesen gegeben. Das Sana Klinikum Lichtenberg implantiert auch Prothesen der Firma Smith & Nephew. Bei Hüftoperationen würden in keinem der beiden Sana Kliniken Produkte der österreichischen Firma Falcon Medical verwendet, hieß es aus den Krankenhäusern.
Eine Sprecherin des in die Kritik geratenen Knieprothesenherstellers Smith & Nephew, der die 47 in der Hedwigsklinik fehlerhaft implantierten Kniegelenke geliefert hatte, erklärte dieser Zeitung gestern, die erst nachträglich aufgebrachten deutschsprachigen Aufkleber, die die Verwechslung aufgedeckt hatten, seien als Folge einer „routinemäßigen Produktverpackungsverbesserung“ angebracht worden. Vorwürfe, die Firma habe zunächst gegen das Medizinproduktegesetz verstoßen, wies die Sprecherin zurück. Jeder Prothese habe immer eine deutschsprachige Bedienungsanleitung beigelegen, die den korrekten Einbau eindeutig dokumentiere.
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