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Brandenburg: 70 000 neue Wohnungen und Privatisierungstopp

Mit einem Zukunftspapier wollen Regierungschef Wowereit und die SPD in die Offensive gehen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

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Berlin - Der öffentliche Wohnungsbestand in Berlin soll bis 2020 um 70 000 auf insgesamt 340 000 Wohnungen wachsen, vorwiegend durch Neubau. Das fordern der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, der SPD-Landeschef Jan Stöß und SPD-Fraktionschef Raed Saleh in einem gemeinsamen Positionspapier. Das sozialdemokratische Dreigestirn geht davon aus, dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften leistungsfähig genug sind, um diese Aufgabe zu übernehmen. „Wenn nicht, müssen wir über eine Neustrukturierung der landeseigenen Unternehmen nachdenken“, sagte Stöß.

Darüber hinaus enthält das Papier, an dem die SPD-Spitzenleute seit Herbst 2012 in vertraulichen Runden gearbeitet hatten und das sie am Donnerstag vorstellten, weitgehend bekannte politische Ziele der Berliner Sozialdemokraten und der rot-schwarzen Koalition. Inhaltliche Schwerpunkte sind Mieten, Infrastruktur, Wirtschaft, Arbeit und Bildung. Neue oder weniger bekannte Forderungen sind: Der Bund soll die Autobahnen A 13 und A 15 von Schönefeld über Cottbus nach Forst ausbauen, um den neuen Flughafen „nach Südosten gut anzubinden“. Ein Projekt, dessen Realisierung momentan nicht so dringend ist.

Außerdem schlagen Wowereit, Stöß und Saleh vor, die Privatisierung landeseigener Gesellschaften künftig an eine Volksabstimmung zu binden. Eine solche „klar und rechtssicher formulierte Privatisierungsbremse“ müsste in der Berliner Landesverfassung verankert werden, bedürfte also einer Zweidrittelmehrheit. Die SPD müsste nicht nur die CDU, sondern auch Grüne, Linke oder Piraten mit ins Boot holen. Wowereit schränkte auch gleich ein: „Dass der Fall einer Privatisierung öffentlichen Eigentums in Berlin auftauchen sollte, kann ich mir zurzeit gar nicht vorstellen“. Die drei SPD-Granden setzen sich außerdem, wie die Genossen in Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein, für einen Altschuldenfonds des Bundes ein, um die mehr als 500 Milliarden Euro Schulden sämtlicher Bundesländer zu tilgen. Und sie hoffen, dass diese Forderung in das Programm der SPD für die Bundestagswahl aufgenommen wird.

Das jetzt veröffentlichte Konzept mit dem Titel „Berlin – Stadt des Aufstiegs“ist mit Partei und Fraktion, aber auch mit den sozialdemokratischen Senatsmitgliedern nicht abgestimmt. „Das nehmen wir auf unsere Kappe“, sagte Wowereit. Er wies darauf hin, dass das Papier ein Kompromiss aus „unterschiedlichen Positionen“ sei. „Hätte ich es allein gemacht, hätte es teilweise anders ausgesehen.“ SPD-Landeschef Stöß sprach von einem „Diskussionsaufschlag“, mit dem nun die Gremien der SPD befasst werden sollten. Das Papier solle die Frage beantworten, „wie wir Berlin über 2013 hinaus steuern wollen“, fügte Saleh hinzu.

Mit Blick auf die eigene Partei und Fraktion zieht das SPD-Trio gleich zu Beginn des Positionspapiers ein positives Resümee: „Nach den Wahlen 2011 haben wir uns als SPD in weiten Teilen neu aufgestellt. Natürlich gab es dabei Reibungen, aber auch einen lebendigen Gestaltungsanspruch.“ Aber es sei wegen des Flughafens BER, des „CDU-seitigen Verlusts“ zweier Senatoren und der NSU-Affäre Vertrauen verlorengegangen. Das am Donnerstag veröffentlichte „Zukunftspapier“ soll der SPD offenbar helfen, wieder in die Offensive zu kommen.Ulrich Zawatka-Gerlach

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