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Brandenburg: Abgefahren

Thorsten Metzner

Stand:

So viel ist schon absehbar: Wer mit dem Zug in Brandenburg unterwegs ist, wird die Folgen spüren. Der Fahrplan soll ausgedünnt werden, weiteren Strecken droht die Stilllegung. Das haben Verkehrsminister Frank Szymanski (SPD) und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) jetzt verkündet, nachdem der Bund nun definitiv seine Zuschüsse an die Länder für den öffentlichen Nahverkehr kürzt. Das Land muss mit jährlich 30 Millionen Euro weniger auskommen, um die Regionalbahnzüge zu finanzieren, die die Prignitz, die Uckermark oder die Lausitz untereinander und vor allem mit der Metropole Berlin verbinden. Werden ganze Landesteile abgehängt? Hat Regierungschef Matthias Platzeck mit seinem Ja im Bundesrat womöglich Landesinteressen verraten? Die Dinge liegen komplizierter: Gemessen an den ursprünglichen Plänen des Bundes und den Begehrlichkeiten von West-Ländern kommt Brandenburg mit dem ausgehandelten Kompromiss tatsächlich glimpflich davon. Man muss wissen: Hätten sich Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit ihrer geforderten Umverteilung der Bundesmittel zugunsten einwohnerstarker Westländer durchsetzen können, wären die 400-Millionen-Zuschüsse für Brandenburg ab 2008 halbiert worden – in ganzen Landstrichen hätte der Zugverkehr eingestellt werden müssen. Das ist, zum Glück, vom Tisch. Insofern ist das Ja Brandenburgs nachvollziehbar. Ganz nebenbei zeigt das Beispiel aber auch: Die Logik, die Starken zu stärken, wie es sich Regierungschef Platzeck auch im eigenen Land auf die Fahnen geschrieben hat, muss nicht immer richtig sein. Trotzdem: Gemessen an den Erfordernissen der Entwicklung Brandenburgs sind die drohenden Kürzungen im Schienenverkehr, wonach jeder siebte Regionalzug wegfallen könnte, hochproblematisch. Wenn das Wohlstandsgefälle im Land schon nicht abgebaut werden kann, sondern eher noch zunehmen wird, müssten die berlinfernen Regionen wenigstens gut erschlossen sein – mit schnellen Verbindungen ins Berliner Umland. Das Dilemma der Politik: Es macht weder finanziell, noch ökologisch Sinn, menschenleere Regionalzüge durch die Weiten der Mark fahren zu lassen. Zumal es auch kein Drama wäre, wenn dort statt Zügen flexiblere, billigere Überlandbusse fahren würden, die im Übrigen auch zwei Mal im Dorf halten können.

Man muss also sorgfältig abwägen. Um dabei nicht vorschnell Strecken stillzulegen, muss man wissen, welche Städte künftig noch gefördert werden sollen. Dieser neue Zentren-Plan aber steht noch aus. Es zeigt sich einmal mehr, wie nötig eine intelligente, aufeinander abgestimmte Gesamtstrategie für die Landesentwicklung wäre. Die lässt, trotz des von Matthias Platzeck eingeleiteten Kurswechsels, noch immer auf sich warten.

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