Brandenburg: „Absolute Topkategorie“
Erstmals seit 1945 soll der Eberswalder Goldschatz in St.Petersburg gezeigt werden. Doch ein Eklat überschattet die Schau: Eine Eröffnung von Kanzlerin Merkel und Putin war zunächst abgesagt worden
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Berlin/St. Petersburg - Nach Kriegsende 1945 nahm ihn die Rote Armee zusammen mit vielen anderen Kunstschätzen mit nach Russland. Seit Freitag ist der Eberswalder Goldschatz nun in der St. Petersburger Eremitage in der Ausstellung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ zu sehen. Doch die Schau, in der auch andere sogenannte Beutekunst zu sehen sein soll, wird von einem Eklat überschattet: Eine gemeinsame Eröffnung der Ausstellung durch Russlands Präsidenten Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde zunächst überraschend abgesagt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte noch am gestrigen Freitag vor dem Abflug in Berlin, die russische Seite habe entgegen ursprünglichen Planungen die Grußworte von Merkel und Putin gestrichen. Hintergrund für die Absage war die geplante Rede der Kanzlerin zum Umgang mit der Beutekunst gewesen sein. Am späten Nachmittag erklärten dann beide, die Ausstellung doch gemeinsam eröffnen zu wollen.
Der Schatz von Eberswalde hat ein Gewicht von 2,59 Kilogramm und gilt als bedeutendster mitteleuropäischer Bronzezeitfund. Entdeckt wurde er vor gut 100 Jahren am 16. Mai 1913 bei Ausschachtungsarbeiten für ein Wohngebäude auf dem Gelände des ehemaligen Messingwerkes in Finow (Barnim). Der Schatz besteht aus 73 Goldgegenständen, darunter Halsringe, Armbänder, Spangen und Armspiralen sowie ein Goldbarren. Datiert wird er auf das 10. oder 9. Jahrhundert vor Christus, der Periode der mitteleuropäischen Spätbronzezeit. Außer dem Eberswalder Schatz sind in St. Petersburg auch die Troja-Funde von Heinrich Schliemann und weitere Goldschätze aus Brandenburg zu sehen. Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs wird auch der Goldschatz aus Werder (Potsdam-Mittelmark) gezeigt. Dabei handelt es sich um ein prächtiges goldenes Gefäß, zwei Armringe und zwei Spiralringe aus der Zeit um 1000 vor Christus.
Die Forderungen an Russland, von den Sowjetsoldaten verschleppte Kulturgüter zurückzugeben, belasten seit Jahren das Verhältnis zwischen Berlin und Moskau. Merkel hätte in ihrem Grußwort die Rückgabe von Beutekunst gefordert, verlautete es aus Delegationskreisen. Daraufhin sei die gemeinsame Eröffnung abgesagt worden. Seibert sagte am Morgen, dies sei von beiden Seiten entschieden worden.
In St. Petersburg, wo Merkel am Freitagmittag landete, nahm die Kanzlerin am internationalen Wirtschaftsforum teil. Russland wirbt bei seinem wichtigsten Wirtschaftstermin des Jahres traditionell um Investoren. Begleitet wird Merkel von einer Wirtschaftsdelegation. Mit dabei sind Vorstandsvorsitzende und Aufsichtsratschefs von elf deutschen Unternehmen, unter anderem aus den Branchen Energie, Technologie, Maschinenbau und Finanzen.
Im Anschluss daran war die gemeinsame Eröffnung der Ausstellung geplant, an der deutsche und russische Experten nach einer Regierungsvereinbarung seit 2010 gearbeitet hatten. Beteiligt sind dieStaatlichen Eremitage Sankt Petersburg, das Staatliche Museum der Schönen Künste A. S. Puschkin, das Staatliche Historische Museum Moskau und das Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Der Eröffnungstermin war als krönender Abschluss des Deutschlandjahres in Russland geplant.
Brandenburgs Landesarchäologe Franz Schopper hofft darauf, dass die Ausstellung trotz des Eklats wie geplant stattfinden könne. „Es ist wichtig, dass die Exponate überhaupt wieder gesehen werden können. Bis zum Fall des Eisernen Vorhangs wusste man zum Teil ja nicht einmal, ob die Kunstschätze nicht verschollen sind“, sagte Schopper am Freitag. Da das brandenburgische Archäologische Landesmuseum erst 1953 gegründet worden sei, sei man mit dem eigenen Bestand von der Beutekunst-Debatte nicht betroffen. Der Eberswalder Goldschatz gehöre rein rechtlich der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und zähle zur „absoluten Topkategorie“ der verschleppten Kunstschätze, erläuterte Schopper weiter.
Unlängst betonte der russische Kulturminister Wladimir Medinski, dass die Schätze mit dem Blut sowjetischer Soldaten bezahlt worden seien. Russland sei nicht einmal bereit, auch nur über den Status der Güter zu reden. Mit etwas Humor kann Landesarchäologe Schopper der Verweigerungshaltung sogar etwas Positives abgewinnen: „Offenbar wurden in brandenburgischer Erde so überragende Kunstschätze gefunden, dass sich nicht mal die Moskauer davon trennen wollen.“ Matthias Matern (mit dpa)
Matthias Matern (mit dpa)
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