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Umgang mit SED-Diktatur: Alle Parteien beerdigen „kleine DDR“
Die SED-Enquete-Komission des Landtags beschließt den Schlussbericht zum Umgang mit der SED-Diktatur in Brandenburg.
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Potsdam - Brandenburg galt einst als „kleine DDR“: Nun sollen SED-Opfer besser unterstützt, mehr Zeitzeugen an Schulen gehen, Chefs in der Landesverwaltung und Vorsitzende Richter auf Stasi-Zusammenarbeit überprüft werden. Das sind Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission des Landtages zum Umgang mit der SED-Diktatur im Land, der am Freitag nach fast vierjähriger Tätigkeit beschlossen wurde. Und das trotz erbitterten Auseinandersetzungen auf dem Weg nun fast einstimmig. Die Vertreter von SPD, Linken, der oppositionellen CDU, FDP und Grünen stimmten für den 400-Seiten–Bericht wie auch fast alle Experten. Die einzige Gegenstimme kam vom Experten Jörg Kürschner. Der Bericht soll im März an Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) übergeben und Anfang April im Landtag diskutiert werden.
Die Enquete war 2010 nach Bildung der rot-roten Koalition und publik gewordener Stasi-Verstrickungen bei Linken gebildet worden. Sie hat seitdem 39-mal getagt, hörte fast 80 Experten und debattierte knapp 30 Gutachten. Es überwiegen positive Bewertungen der Ergebnisse. „Wir hoffen, dass die Empfehlungen zügig umgesetzt werden“, sagte Roland Lange, Vizechef des Dachverbandes der SED-Opfer (UOKG). „Sie zeigen, Brandenburg war vorher ein weißes Land.“ Die Enquete-Vorsitzende, die SPD-Abgeordnete Susanne Melior, versicherte: „Wir nehmen die Empfehlungen ernst.“ Einiges sei schon parallel zur Arbeit der Enquete passiert, etwa Verbesserungen bei den Gedenkstätten.
„Brandenburg hat eine Vorreiterrolle eingenommen“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. „Jede Landesregierung täte gut daran, den Voten zu folgen.“ CDU-Vizefraktionschef Dieter Dombrowski erklärte: „Ich denke, auch der Weg war das Ziel.“ Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg sagte, bei den konkreten Empfehlungen sei „viel Sinnvolles“ dabei. An einigen Stellen seien klarere Worte geboten, was angesichts des Kompromisscharakters eines Abschlussberichtes nicht verwunderlich sei. Der Linke-Abgeordnete Peer Jürgens sagte, die Enquete-Kommission habe wichtige Erkenntnisse gebracht, auch für ihn persönlich. „Sie hat aufgedeckt, dass der Umgang mit Opfern der SED-Diktatur auch im Land verbesserungswürdig war.“
Vor der Verabschiedung kam es noch zu einem Streit, da plötzlich auf Initiative der Linken – offenbar nach Intervention der Fraktionschefin Margitta Mächtig – der abgestimmte Text in zwei Details entschärft werden sollte. Der Passus, dass die Kommission „wissenschaftlich fundiert“ gearbeitet habe, wurde dann tatsächlich in „mit wissenschaftlichem Anspruch“ abgemildert, mehrheitlich, mit Unterstützung des CDU-Vertreters Dieter Dombrowski, der den Linken beisprang. Der Stempel der Wissenschaftlichkeit für wäre tatsächlich zu hoch gegriffen. Vogel kritisierte den Linke-Vorstoß auf den Schlussmetern als „böses Foul“. Auch der Politikwissenschaftler und Stasi-Experte Helmut Müller Enbergs sagte, der Bericht sei schon „extrem weichgespült.“ So begründete auch Kürschner, der als Westdeutscher in der DDR inhaftiert war, seine Gegenstimme. Im Bericht sei von Lücken bei der Aufarbeitung im Land die Rede. „Dabei gab es keine Aufarbeitung.“ Aber auch er betonte: „Umsonst war die Enquete nicht.“
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