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Brandenburg: Altanschließer: Land muss Gesetz kitten Streit über Konsequenzen aus Karlsruhe-Urteil

Potsdam - Trotz eines Präzedenz-Urteils des Bundesverfassungsgerichtes sollen im Land Brandenburg weiterhin Zehntausende Grundstückseigner nachträglich für vor zwei Jahrzehnten errichtete Großklärwerke und Überland-Abwassertrassen zur Kasse gebeten werden. Diese Linie im Umgang mit den sogenannten „Altanschließern“, deren Immobilien bereits zu DDR-Zeiten an die Kanalisation angeschlossen waren, hat zumindest Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages verkündet.

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Potsdam - Trotz eines Präzedenz-Urteils des Bundesverfassungsgerichtes sollen im Land Brandenburg weiterhin Zehntausende Grundstückseigner nachträglich für vor zwei Jahrzehnten errichtete Großklärwerke und Überland-Abwassertrassen zur Kasse gebeten werden. Diese Linie im Umgang mit den sogenannten „Altanschließern“, deren Immobilien bereits zu DDR-Zeiten an die Kanalisation angeschlossen waren, hat zumindest Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages verkündet. Das stößt auf Widerspruch beim Linke-Koalitionspartner, aus der Opposition und bei Betroffenen. Allerdings muss als Konsequenz aus dem Karlsruher Urteil nach Einschätzung des Innenministeriums das brandenburgische Kommunalabgabengesetz nachgebessert werden – um dort eine bislang fehlende Frist zu verankern.

Karlsruhe hatte in einem Fall aus Bayern jetzt entschieden, dass Beiträge etwa für Trink- und Abwasseranlagen „nicht zeitlich unbegrenzt festgelegt werden dürfen“, was grundgesetzwidrig wäre. Zwar sei der konkrete Fall nicht auf Brandenburg übertragbar, betonte Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb. „Die Grundsätze der Entscheidung gelten jedoch auch in Brandenburg.“ Es müsse auch hier sichergestellt sein, dass „die Beiträge nicht unbegrenzt festgesetzt werden können“. Zwar sei dies bei Straßenbau-, Kur- und Tourismusbeiträgen eindeutig abgesichert, nicht aber „bei der erstmaligen Herstellung von Trink- und Abwasseranlagen“, sagte Zeeb. Hier gebe es eine Lücke. In der Praxis verbirgt sich dahinter ein Politikum. Zehntausende Grundstücksbesitzer, private Wohnungsgesellschaften, aber auch Kommunen und das Land selbst, erhalten seit rund zwei Jahren teils saftige Zahlungsbescheide von 1000 bis 20 000 Euro je Immobilie – um jetzt nachträglich in der Nachwendezeit errichtete Abwasseranlagen mitzuanzieren. Von der brandenburgischen Justiz waren diese späten Beiträge, erst vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) 2007, dann 2012 vom Landesverfassungsgericht, als rechtmäßig eingestuft worden. Die Richter argumentierten mit dem Gleichheitsgrundsatz, da sonst die Neuanschließer benachteiligt wären, also Häuslebauer nach 1990 - die allein für die neuen Anlagen zahlen. „Das ist nicht mit dem Solidarprinzip und dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar“, sagte auch Woidke. Staatssekretär Zeeb empfahl den Zweckverbänden sogar, nach dem Karlsruher Urteil nun „zügig die Beiträge festzusetzen“. Dagegen erklärte Linke-Fraktionschef Christian Görke den PNN. Mit dem Urteil aus Karlsruhe sei die Rechtsposition der Betroffenen im Land „deutlich gestärkt“. Um etwas zu tun, müsse man nicht erst warten, bis ein Brandenburger Fall vom Bundesverfassungsgericht entschieden wäre, sagte Görke. Nötig sei außerdem ein Moratorium der Zweckverbände, keine weiteren Bescheide zu verschicken. Das Innenministerium empfiehlt das Gegenteil. In der rot-roten Koalition droht der nächste Krach. Thorsten Metzner

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