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In Berlin wurden in den vergangenen Monaten 700 Schein-Vaterschaften ermittelt. Auch in Brandenburg gab es Fälle.

© Felix Heyder/dpa

Asylbetrug in Berlin und Brandenburg: Auf der Spur der Scheinväter

Schwangere Asylbewerberinnen zahlen deutschen Männern Tausende Euro für die Anerkennung der Vaterschaft. Auch in Brandenburg gab es Fälle. Die Behörden wussten seit Jahren von den Problemen - und hoffen nun auf ein Bundesgesetz.

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Berlin/Potsdam - Den Behörden sind sogenannte Scheinvaterschaften, mit denen Asylbewerberinnen ein Bleiberecht erhalten wollen, seit langem bekannt. Schon 2010 hatte in Berlin der Neuköllner Bezirksstadtrat Falko Liecke (CDU) bei der Ausländerbehörde eine Zentralstelle zur Ermittlung von Scheinvaterschaften gefordert und sich über Millionenkosten für den Steuerzahler beklagt. Doch die Berliner Innenverwaltung hat bislang keinen Überblick über das Ausmaß der illegalen Geschäfte. „Verdachtsfälle von Sozialleistungsbetrug im Zusammenhang mit möglicherweise missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen werden von der Berliner Ausländerbehörde nicht statistisch erfasst“, sagte ein Sprecher der Innenverwaltung. Und auch in Brandenburg gibt es im Innenministerium bislang keine genauen Zahlen.

Der Verdacht müsse gut begründet sein

Der Berliner Senat setzt auf die im Mai vom Bundestag verabschiedete Gesetzesnovelle zur Durchsetzung der Ausreisepflicht. Darin enthalten sind Maßnahmen zur Verhinderung „missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen, die wiederholt von den Bundesländern gefordert wurden“, sagte ein Sprecher. Wenn die Neuerungen in Kraft treten, dürfen Ausländerbehörden künftig bei Verdacht prüfen, ob eine Vaterschaftsanerkennung rechtens ist. Dies ist heikel, der Verdacht – so sagen Juristen – müsse gut begründet sein, denn Elternschaft, Privatsphäre und Familie seien zu Recht hohe Güter.

Berlin gilt als Hochburg der Betrugsmasche. Polizei und Staatsanwälte gehen – wie berichtet – von einem bundesweiten Betrugskartell mit deutschen Scheinvätern aus. Demnach beantragen zunehmend schwangere Frauen und junge Mütter aus Vietnam, Afrika und Südosteuropa hierzulande Asyl. Um einen Bleibestatus zu erhalten, bezahlen sie an Scheinväter und Notare bis zu 5000 Euro für eine anerkannte Vaterschaft. Die Berliner Staatsanwaltschaft stieß auf Personen, die zehn Vaterschaften anerkannt haben sollen.

Auch Fälle von Schein-Vaterschaften in Brandenburg

Allein in Berlin sollen in den vergangenen Monaten 700 Schein-Vaterschaften ermittelt worden sein. Dies sind vorläufige Angaben, denn letztlich müssten Vaterschaftstests angeordnet werden. Das Bundesinnenministerium spricht von einem „Geschäftsmodell der Aufenthaltserschleichung“ und geht deutschlandweit von 5000 Fällen pro Jahr aus. Dazu käme noch eine hohe Dunkelziffer. Auch in Brandenburg gibt es Fälle, beziffern konnten sie das Innenministerium bislang nicht. Der Staatsanwaltschaft Potsdam war bislang keine Häufung aufgefallen.

Die Kinder erhalten durch die von Deutschen anerkannte Vaterschaft automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, die Mütter dürfen legal bleiben. Unterhalt für die Kinder zahlen die Scheinväter nicht, da sie meist Sozialhilfe beziehen. Das übernimmt der Staat durch den Unterhaltsvorschuss bis zum zwölften Geburtstag des Kindes. Die Schwangeren kommen oft mit Touristenvisa nach Deutschland, erhalten solange vorläufig Asyl, wie sie im Mutterschutz sind. Der rbb berichtete von einem Haus, in dem 70 schwangere Frauen aus Vietnam wohnen.

Vaterschaft legal, auch wenn es sich nicht um den Erzeuger handelt

Mit der Gesetzesnovelle reagierte der Bundestag auch auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, jetzt haben die Behörden eine Handhabe. Karlsruhe hatte 2013 die Anfechtung einer Vaterschaft selbst im Verdachtsfall untersagt. Eine Vaterschaft war demnach immer legal, auch wenn es sich biologisch nicht um den Erzeuger handelte.

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