Brandenburg: Auf glühenden Braunkohlen
Brandenburgs Politiker reisen reihenweise nach Schweden. Sie wollen Klarheit. Die Pläne Vattenfalls sind unklar. Verkauft der Konzern seine Lausitzer Sparte?
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Potsdam - Der Polittourismus aus Brandenburg und Sachsen nach Schweden hat gerade Hochkonjunktur. Hintergrund ist das ungeklärte weitere Engagement des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall in der Lausitz. Seitdem der neue Ministerpräsident des Königreiches Stefan Löfvèn, Chef einer rot-grünen Minderheitsregierung, der weiteren Expansion der Braunkohleaktivitäten Vattenfalls überraschend eine Absage erteilte, geben sich Landespolitiker aus beiden Ländern in Stockholm die Klinke in die Hand. Und in Brandenburgs rot-rotem Bündnis wird nach PNN-Recherchen inzwischen – aufgrund entsprechender Signale – nicht ausgeschlossen, dass sich Vattenfall doch zu einem Verkauf der Braunkohlesparte entschließen könnte. Für diese Woche ist eine Aufsichtssitzung des Konzerns geplant. Am heutigen Donnerstag will die Zentrale in Stockholm die bisherige Bilanz für 2014 verkünden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch Aussagen getroffen werden, wie es mit Vattenfall in der Lausitz weitergehen soll.
Den Anfang mit den Reisen hatte ein Grünen-Abgeordneter aus Dresden gemacht. Der märkische CDU-Partei- und Fraktionschef Michael Schierack will, wie er kürzlich ankündigte, demnächst nach Stockholm. Gerade sind die SPD-Landtagsfraktionschefs aus Brandenburg und Sachsen, Klaus Ness und Martin Dulig, aus Schweden zurückgekehrt. Beide waren mit Politikern des Reichstages, vor allem aber mit Vattenfall-Präsident und CEO Magnus Hall und dem Europa-Vorstand Tuomo Hattaka zusammengetroffen. Zum Inhalt wollte sich Ness wegen der Vertraulichkeit der Gespräche nicht äußern. „Wir haben darauf gedrungen, dass Vattenfall Entscheidungen trifft, die nötige Investitionen ermöglichen“, betonte Ness. Ähnlich äußerte sich Dulig, der in der neuen SPD/CDU-Regierung Sachsens stellvertretender Ministerpräsident wird. Dem Konzernvorstand sei die Tragweite bewusst, sagte Dulig dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). „Es ist wichtig, zu wissen, wie es in der Lausitz weitergeht.“
Hauptsache Klarheit, notfalls mit einem neuen Eigentümer, so lautet offenbar die interne Regierungslinie in beiden Bundesländern. In Sachsen betrifft es die geplante Erweiterung des Tagebaus in Nochten, in Brandenburg die des Tagebaus Welzow, die Vattenfall für seine bestehenden Braunkohlekraftwerke benötigt. In Nochten geht es um rund eine Milliarde Euro, die Vattenfall investieren müsste. Allerdings steckt Schwedens Energiekonzern in Schwierigkeiten, weil er mit seinem Europaengagement der letzten Jahre, etwa dem zehn Milliarden Euro teuren Kauf holländischer Gaskraftwerke, viel Geld in den Sand setzte und schon lange vor der schwedischen Regierungsbildung einen Konsolidierungskurs eingeleitet hat. Die Braunkohlesparte in der Lausitz ist wegen der Abbaggerung von Dörfern sowie der klima- und umweltpolitischen Auswirkungen durch den hohen Kohlendioxidausstoß in Deutschland zwar umstritten, für den Konzern aber profitabel. Aus der Lausitz wurden Milliardengewinne nach Schweden transferiert, nach Schätzungen über sieben Milliarden Euro.
Im Lausitzer Unternehmen wachsen nun Zukunftsängste. In Abstimmung mit der Zentrale in Stockholm hat der Vorstand von Vattenfall Europe deshalb jetzt versucht, die Belegschaft in Brandenburg und Sachsen zu beruhigen. „Der sichere und zuverlässige Strom aus Braunkohle wird noch für Jahrzehnte als Partner der Erneuerbaren Energien benötigt“, heißt es in dem Mitarbeiterbrief, der den PNN vorliegt. Darin wird betont, dass Vattenfall keine Ausweitung der Braunkohleförderung vorhat. „Die bereits bestätigten Braunkohleplanungen für die Tagebaue Nochten und Welzow stellen eine Fortführung der laufenden Tagebaue dar und dienen der Versorgung der bestehenden Kraftwerke auf gleichem Niveau“, so das Vorstandsschreiben. „Eine über die heutige Fördermenge hinausgehende weitere Expansion ist nicht geplant.“ Das Management sei „sich der Bedeutung der Braunkohleindustrie für Arbeit und Wohlstand in Brandenburg und Sachsen sehr bewusst“. Es gehe um 22 000 Arbeitsplätze in der Lausitz, davon 8000 direkt Beschäftigte. Der Brief endet mit diesem Satz: „Diese Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Region wird auch die politischen Entscheidungen unseres Eigentümers über die strategische Ausrichtung des Unternehmens maßgeblich prägen.“
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