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Brandenburg: Auf Wahlfang

Zwei US-Amerikaner, ein Blues-Sänger und ein Jurist, mobilisieren Berliner Amerikaner für Barack Obama

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Berlin - Der Kampf ist ungleich. Wind und Regen gegen einen älteren Mann: Robin Hemingway umklammert den großen weißen Sonnenschirm. Der bockt unter den Böen in alle Richtungen. Der Berliner Gendarmenmarkt ist wie leergefegt. Dicke Tropfen prasseln aufs Pflaster. Kein potenzieller US-Wähler in Sicht. Hemingway beginnt zu singen: „We“re standing in the rain.“ Der Mann neben ihm, Donald R. Black, hält in jeder Hand einen offenen Regenschirm und stimmt ein in die Melodie des alten Gene- Kelly-Songs – aber mit abgewandeltem Text: „For Obama again.“

Das bisschen Wasser kann die beiden Amerikaner nicht von ihrer Mission abhalten: Mitten In Berlin Wähler für den US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama gewinnen. Zwischen zwei Stehtischen haben sie ein wasserfestes Banner aufgehängt: „Obama “08“ steht darauf. Ihre Ausrüstung ist sicher in einer jener rollenden Einkaufstauschen verstaut: Vor allem Formulare, mit denen sich US-Bürger für die Wahl registrieren können.

Black und Hemingway leben rund 20 Jahren in Berlin und sind ein auffälliges Gespann: Der kleine, beleibte Black ist weiß, trägt zum gestreiften Hemd knallrot gemusterte Hosenträger, dazu ein Baseballcap voller Wahlkampfbuttons. „So würde ich sonst nicht heraumlaufen. Aber auffällige Outfits gehören in Amerika zum Wahlkampf dazu“, sagt Black.

Der große Schwarze Hemingway trägt ein Obama-T-Shirt unter blauem Sakko mit Golfknöpfen, dazu sehr kurze Shorts, deren Bund, den über den Bauchnabel gezogen, und Kniestrümpfe. „So ähnlich sehe ich eigentlich immer aus“, sagt der 67-Jährige, der sich selbst „an old piece“, nennt. Nur das Obama-Hemd ist die Ausnahme. Ein speckiger Strohhut voller Löcher fliegt ihm immer wieder vom Kopf. Sonst trage er einen heilen. „Aber So kommt Luft an den Kopf.“ Hemingway hatte die Idee, vor allem Künstler, Studenten und all jene , die sonst wohl nicht zur Wahl gingen, zu mobilisieren. Und gründete am 3. Juni bei einer „Victory-Party“ für Obama in einer Kneipe spontan mit Freunden die Organisation ABBO (Americans In Berlin-Brandenburg for Obama). Black, Mitglied der Organisation „Democrats abroad“ war damals nicht dabei. Aber Hemingway war klar, dass er ihn unbedingt für seine Mission brauchte: Black ist Juradozent. Er habe ein „constitutional mind“, sagt Hemingway über ihn. Soll heißen: Er kennt die amerikanische Verfassung und die Gesetze in- und auswendig.

Wählen, so lernt man, wenn man Black zuhört, ist in Amerika keine einfache Sache. Und schon gar nicht, wenn man zu den 20 000 bis 30 000 amerikanischen „Expats“ in Berlin gehört. Da brauche man einen Termin in der Botschaft. Und dann muss man diesen komplizierten Antrag ausfüllen, nur um eine Wahlbenachrichtigung zu bekommen. Besonders schwierig an der ganzen Sache: Die Suche nach dem richtigen Bezirk in Amerika, an den das Formular geschickt werden muss. Und was ist nun genau Hemingways Funktion in der Kampagne? „Ich bin der Blussämger. Ich erforsche die Leidenschaften des Lebens.“

Erst einen Amerikaner haben die beiden Wahlfänger an diesem Tag „geangelt“. Dabei stehen sie seit Stunden auf dem Gendarmenmarkt. Das findet Hemingway keineswegs frustrierend. „Eine einzelne Stimme kann die Wahl entscheiden.“ Eins ist für beide klar: „Für Hillary Clinton würden wir zwar auch hier stehen, aber nicht im Regen.“ Daniela Martens

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