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Nebeneinanderher. Zwischen Innenminister Dietmar Woidke (SPD) und Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) kriselt es derzeit heftig. Woidkes Entscheidung zur Polizeireform sorgt für neuen Zündstoff.

© Andreas Klaer

Brandenburg: Aufstand der Justiz gegen Polizeireform

Innenminister Woidke (SPD) kündigt mit Korrekturen Vereinbarung zu Gerichtsbezirken auf

Stand:

Potsdam - Korrekturen von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) an der Polizeireform, deren Details er heute im Landtags-Innenausschuss verkünden will, sorgen für einen Aufstand in der Justiz und liefern Zündstoff im rot-roten Kabinett von Regierungschef Matthias Platzeck (SPD). Tatsächlich kündigt Woidke mit seiner Entscheidung, die Uckermark der Direktion Ost in Frankfurt (Oder) zuzuschlagen, eine noch von seinem Vorgänger Rainer Speer (SPD) getroffene Vereinbarung mit Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) zu deckungsgleichen Gerichts- und Polizeistrukturen auf. Das Verhältnis beider Minister ist nach dem Streit um straffere Gerichtsstrukturen ohnehin belastet. Nun verlangt Woidke von Schöneburg, der Neuruppiner Staatsanwaltschaft die Zuständigkeit für die Uckermark komplett zu entziehen. Der Neuruppiner Landgerichts- und Staatsanwaltsbezirk wäre dann deutlich kleiner als jene in Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder).

Aus dem Justizapparat wurde am Mittwoch bereits deutliche Kritik laut. Neuruppins Leitender Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher reagierte mit „Bestürzung und Verwunderung“ auf Woidkes Pläne für die Polizeireform. Seine Detailentscheidungen will er am heutigen Mittwoch im Innenausschuss des Landtags präsentieren. Woidke messe den berechtigten Interessen der Justiz nicht das erforderliche Gewicht bei, sagte Schnittcher. Die Umsetzung der ursprünglich vereinbarten Gerichtsstruktur habe seit Langem begonnen, mit der die „Schwächung der Polizei“ durch den Stellenabbau abgefedert werden sollte. Der „Aufrechterhaltung des Strafverfolgungsniveaus“ in Brandenburgs Norden werde nun „der Boden entzogen“, der Synergieeffekt und ein „gutes Konzept“ würden allein „auf lokalpolitischen Druck“ aus der Uckermark aufgegeben.

In der Tat kommt Woidke den Kritikern der Polizeireform mit den Korrekturen entgegen. Nach PNN-Informationen will Woidke mit dem Zuschlag der Uckermark zur Polizeidirektion Frankfurt (Oder) einheitliche Strukturen entlang der Oder schaffen, um so die wachsende Grenzkriminalität einzudämmen. Darauf hatten der Landkreis Uckermark in einer Resolution und die Landräte der Oder-Landkreise gedrängt. Woidke hat für diese Entscheidung auch die Rückendeckung von Ministerpräsident und SPD-Landeschef Matthias Platzeck, der in der Uckermark seinen Wahlkreis hat. Schnittcher hingegen sagte: „Dass die Uckermark ein Grenzlandkreis ist, ist kein neues Argument, sondern seit Beginn der Diskussion bekannt.“

Daneben rückt Woidke im Havelland von den bisherigen Pläne ab. Dort soll die Inspektion im wachsenden und bevölkerungsstarken Falkensee statt im schrumpfenden Nauen eingerichtet werden. Das Innenministerium wollte die Korrekturen nicht kommentieren und der Vorstellung der Polizeistruktur heute im Innenausschuss nicht vorgreifen.

Am Ziel, die Zahl der Polizisten von derzeit 8 900 auf 7000 zu senken, hält Woidke fest. Neben der Fusion der beiden Polizeipräsidien sollen landesweit vier Direktionen sowie 16 Polizeiinspektionen mit 24-Stunden-Dienst entstehen. Mit Spannung erwartet wird, was Woidke zur Zukunft der übrigen 34 Wachen sagt – ob die Standorte erhalten bleiben und zu welchen Zeiten die künftigen Reviere besetzt sein werden.

Zuvor haben die Initiatoren der Volksinitiative für den Erhalt einer leistungsfähigen Polizei am Mittwoch den Druck erhöht und Nachbesserungen bei der umstrittenen Polizeistrukturreform angemahnt. In einem Offenen Brief an Woidke kritisieren sie, dass wesentliche Forderungen der Volksinitiative in den Vorschlägen der Aufbaustäbe keine Berücksichtigung fanden. Die Initiative fordert in dem Brief insbesondere den Erhalt aller Polizeistandorte. In größeren Städten müssten Reviere 24 Stunden geöffnet bleiben. Zudem solle das Landeskriminalamt als selbstständige Dienststelle erhalten werden. Das Schreiben ist von Vertretern der Brandenburger Polizei- und Justiz-Gewerkschaften, vom Bund Brandenburger Staatsanwälte und von drei Bürgermeistern unterzeichnet. Der Landtag hatte die Volksinitiative, die mehr als 97 000 Unterschriften gesammelt hatte, im April angenommen. Damit muss sich das Parlament erneut mit der Reform befassen.

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