Brandenburg: „Bei uns gab“s das nicht“
Umstrittene Ausstellung über Antisemitismus in der DDR noch bis zum 9. Dezember in Bernau
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Bernau - „Das hat es bei uns nicht gegeben.“ So sollen sich schon Besucher der gegenwärtigen Ausstellung in Bernau (Barnim) geäußert haben, die bezeichnenderweise auch so heißt. Noch bis zum 9. Dezember ist die Ausstellung über Antisemitismus in der DDR dort zu sehen, bevor sie nach Berlin-Neukölln weiterzieht.
Nach den Erfahrungen der Amadeu-Antonio-Stiftung, dem Initiator der Ausstellung, ist das Projekt sehr umstritten. Vor allem „alteingesessene DDR-ler“ seien es, die die beschriebenen Fakten so nicht glauben wollen, sagt Mirjam Gläser, Mitarbeiterin der Stiftung. Doch dass es unterschiedliche Auffassungen gibt über das Auftreten und den Umgang mit dem Thema Antisemitismus während der DDR-Zeit, ist ihr ganz recht. „Wir wollen damit eine Debatte anstoßen“, sagt Gläser. Die DDR habe sich als antifaschistischer Staat verstanden, so lauten ihr zufolge die Argumente der Ausstellungs-Kritiker. Deswegen habe es angeblich per se keinen Antisemitismus gegeben. Doch anhand der 30 Schautafeln sei sehr wohl erkennbar, dass sich Fremdenfeindlichkeit gegen Juden auch in der DDR-Zeit finden lässt.
Und das nicht nur in der Bevölkerung sondern auch in der Administration. Eine Vielzahl von Parteimitgliedern jüdischer Konfession beispielsweise sei Anfang der 50er Jahre untersucht worden. Paul Merker, Nichtjude und SED-Mitglied sei 1952 nach einem Geheimprozess als zionistischer Agent für acht Jahre hinter Gitter gekommen, weil er Wiedergutmachungszahlungen gefordert hatte, so die Stiftungsmitarbeiterin. „Ein großes Thema der Ausstellung ist auch die Auseinandersetzung mit den arabisch-israelischen Kriegen“, sagt Gläser und verweist auf eine Karikatur in einer Dessauer Betriebszeitung. Auf dieser ist der damalige israelische General und spätere Außenminister Mosche Dajan zusammen mit dem Geist Adolf Hitlers dargestellt.
In der sehr „propagandistischen Berichterstattung“ werde Israel zudem oftmals als Agent des US-Imperialismus dargestellt. Die Kritik, für die Exposition nicht genügend recherchiert zu haben, wie sie oft gebracht werde, lässt sich Mirjam Gläser hingegen nicht gefallen.
Immerhin, so erklärt die Stiftungsmitarbeiterin, haben an dem Recherche-Projekt 76 Jugendliche aus acht verschiedenen Städten der neuen Bundesländer geforscht. Wichtige Fragen der Recherche: Wie wurde öffentlich an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert, wie hat die Regionalzeitung berichtet oder Wo sind nach 1950 die Grabsteine des jüdischen Friedhofs geblieben? Die Projektpartner seien Schulen, Vereine oder Museen gewesen, erklärt Gläser.
Kompetente Beratung holte sich die Amadeu-Antonio-Stiftung außerdem beim Zentralrat der Juden von Universitäten in Dresden, Freiburg und Bochum sowie vom Centrum Judaicum in Berlin.
Ausstellung über Antisemitismus in der DDR, Jugendclub „Dosto“, Breitscheidstr. 45, 16321 Bernau, weitere Termine unter www.amadeu-antonio-stiftung.de
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