Brandenburg: BER-Fiasko: Kein Regress für Aufsichtsräte Finanzministerium ignoriert Bedenken des Rechnungshofes/Berliner U-Ausschuss erzwingt mit Polizeihilfe Herausgabe von Akten
Berlin - Die Aufsichtsräte sind raus, müssen kein Regress für das teure BER-Fiasko fürchten. Die Eigentümer des Flughafens, also Berlin, Brandenburg und der Bund, haben das Gremium - damit auch Klaus Wowereit als damaligen Chef und den früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (beide SPD) – aus der Haftung für die Schlüsseljahre des BER-Fiaskos, also 2011 und 2012, entlassen.
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Berlin - Die Aufsichtsräte sind raus, müssen kein Regress für das teure BER-Fiasko fürchten. Die Eigentümer des Flughafens, also Berlin, Brandenburg und der Bund, haben das Gremium - damit auch Klaus Wowereit als damaligen Chef und den früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (beide SPD) – aus der Haftung für die Schlüsseljahre des BER-Fiaskos, also 2011 und 2012, entlassen. Und zwar auf einer Gesellschafterversammlung, die am Mittwoch vor der Sitzung des Aufsichtsrates stattfand. Brandenburgs Finanzministerium, das dort am Tisch sitzt, gab mit den Vertretern Berlins und des Bundes grünes Licht. Und das, obwohl eine Prüfung des brandenburgischen Landesrechnungshofes zur Beteiligungssteuerung am Flughafenprojekt durch Brandenburgs Regierung kurz vor dem Abschluss steht. Nach PNN-Informationen hatte die oberste Finanzkontrollbehörde das Finanzministerium vorher ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen - und auf Erkenntnisse, die für eine Entlastung des Aufsichtsrates womöglich von Belang seien.
Das Finanzministerium ignorierte das. Auf PNN-Anfrage verwies es darauf, dass die Haftungsfrage durch eine Rechtsanwaltskanzlei geprüft wurde. „Grundlage war ein von einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Plausibilität geprüfter Sachverhalt“, hieß es. „Keiner der Gutachter hat eine Pflichtverletzung festgestellt.“ Daher seien die Gesellschafter einvernehmlich zum Ergebnis gekommen, dass es für eine Entlastung keinen Hindernisgrund gibt. Die Opposition kritisiert das scharf. CDU–Fraktionschef Dieter Dombrowski sagte: „Aufsichtsrat, Geschäftsführung und Gesellschafter des Flughafens haben ein gemeinsames Interesse, sich gegenseitig zu decken.“ Der Grünen-Verkehrsexperte im Bundestag, Anton Hofreiter, sprach von einer „leichtfertigen Gefälligkeit der Gesellschafterversammlung“. In der sitzen Ministerialbeamte der beiden Länder und des Bundes. Das sei das „strukturelle Problem“, sagte Brandenburgs Grünen-Fraktionschef Axel Vogel, da diese ihren Chefs die Entlastung erteilen. „Es ist gewährleistet, dass die, die dort sitzen, nur das tun, was vorher von oben gesagt wurde.“
Bei der Aufklärung des BER-Fiaskos wurde jetzt erstmals sogar die Polizei zu Hilfe geholt – und zwar beim früheren Flughafenarchitekten. Der BER-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses hat am Freitag mit Polizeiunterstützung auf Grundlage eines Gerichtsbeschlusses beim Büro Gerkan, Marg und Partner (gmp) die Herausgabe eines brisanten Beweisdokuments erzwungen. Das Büro, das nach der verschobenen BER-Eröffnung 2012 als Chefplaner gefeuert worden war, bestätigte den abgewendeten Polizeieinsatz. Die Geschäftsräume in Hamburg und Berlin hätten am Freitag durchsucht werden sollen, hieß es in einer Erklärung. „Die Unterlagen sind von uns indessen freiwillig zur Verfügung gestellt worden.“
Vorher standen Beamte der Landeskriminalämter Berlin und Hamburg gegen 10.30 Uhr zeitgleich in beiden Städten vor den Büros, begleitet von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses. Der hatte einen Gerichtsbeschluss erwirkt. Chef Martin Delius (Piraten) erklärte, die Maßnahme sei nötig geworden, weil das Büro die Herausgabe eines angeforderten Dokumentes verweigert und den Ausschuss mehrfach über Zustand und Verbleib getäuscht hätten. „Es ging um ein Gutachten, das sich mit der ersten Verschiebung des Eröffnungstermins für den Flughafen befasst“, sagte Delius den PNN. „Es besteht der Verdacht, dass schon damals klar war, dass der zweite Eröffnungstermin sehr ambitioniert sein würde.“ Gemeint ist die im Jahr 2010 abgesagte Eröffnung des BER zum Jahr 2011. Sie wurde damals auf den 3. Juni 2012 verlegt, was bekanntlich ebenfalls platzte.
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