Brandenburg: Bereit fürs Boarding
Der BER-Aufsichtsrat will heute die Nachfolge für Mühlenfeld klären. Es gibt mehrere Optionen
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Zwei Wochen tobt der Führungskrach um den unvollendeten Hauptstadt-Airport bereits. Jetzt richten sich die Blicke auf Michael Müller, den SPD-Regierenden und BER-Chefaufseher: An diesem Montagmorgen tritt der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft (FBB) erneut in Berlin zusammen, um die Sondersitzung zur Ablösung von Flughafenchef Karsten Mühlenfeld fortzusetzen, die in der Nacht zum vergangenen Donnerstag nach schweren Zerwürfnissen unterbrochen worden war. Auch eine Gesellschafterversammlung der drei BER-Eigner Berlin, Brandenburg und Bund ist angesetzt. Alle wollen, dass es der Tag der Entscheidung über das künftige Management wird. Die Frage ist, wen Müller als Nachfolger für Mühlenfeld vorschlagen wird. Wer übernimmt den BER?
Wie verhandelt Berlin?
„Berlin wird einen konkreten Vorschlag präsentieren“, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder den PNN. Man sei optimistisch, dass es eine einvernehmliche Lösung geben werde. In den letzten Tagen hatte Berlin intensiv sondiert, um möglichst einen Mann aus der Wirtschaft für den Chefposten am BER zu gewinnen – was aber nicht leicht ist. Der frühere Deutschland-Chef des Bombardier-Konzerns, Michael Clausecker, der 2015 im Kopf-an-Kopf-Rennen gegen Mühlenfeld unterlag, soll abgesagt haben. Im Gespräch war auch Michael Garvens, Chef des Flughafens Köln-Bonn, der aber nicht unbedingt als Berliner Wunschkandidat gilt. Zudem hatte er dem Vernehmen nach schon 2015, als er ebenfalls auf der Liste war, hohe Gehaltsvorstellungen. Damals war von rund 900 000 Euro die Rede. Mehdorn hatte rund 750 000 Euro Jahresgehalt, Mühlenfeld war für 500 000 Euro angeheuert worden. Es gab zwischenzeitlich Signale, dass es auf Thomas Weyer hinauslaufen könnte, den Technik- und Infrastrukturchef des Münchener Flughafens, der 2004 bis 2008 schon Technikchef der Berliner Flughäfen war. Als Zeuge im BER-Untersuchungsausschuss hatte er beklagt, wie damals die Politik hineinregiert habe. Der aktuelle Konflikt um Mühlenfeld hat sich daran entzündet, dass der von Politikern und Arbeitnehmern dominierte Aufsichtsrat eine Personalentscheidung des Managements, nämlich die Ablösung von Technikchef Jörg Marks, nicht akzeptierte. Das dürfte es schwerer und teurer machen, überhaupt einen externen Profi für den BER-Schleudersitz zu gewinnen.
Was will Brandenburg?
Brandenburg hat lange versucht, eine Ablösung von Mühlenfeld zu verhindern, die es – trotz seiner Fehler im Stil – für unnötig und kontraproduktiv für die BER-Baustelle hält. Jetzt lenkt das Land aber ein. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat intern die Linie ausgegeben, dass das Land sich einem qualifizierten Nachfolgevorschlag Berlins nicht in den Weg stellen wird, legt aber Wert darauf, dass es sofort eine Dauerlösung ist. So hat es Woidke dem Vernehmen nach auch beim Spitzentreffen mit Müller und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) deutlich gemacht. Für Brandenburg hat eine nahtlose Anschlusslösung Vorrang – aus Sorge vor weiteren Verzögerungen auf der BER- Baustelle. Gerade vom nächsten halben Jahr hängt nach PNN-Recherchen ab, ob der BER wenigstens 2018 eröffnet werden kann. Jetzt noch Monate mit einer kommissarischen Lösung zu überbrücken, lehnt das Land deshalb ab. „Wenn eine zukunftsfähige Lösung vorgeschlagen wird, dann wird sich Brandenburg dem nicht verschließen“, sagte Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider den PNN. Bedingung sei eine „tragfähige zukunftsfähige Lösung“, sagte Finanzminister Christian Görke (Linke), der Brandenburg in der FBB-Gesellschafterversammlung vertritt. „Berlin ist am Zug.“
Was denken die Arbeitnehmer?
Von der Arbeitnehmerbank wird es maßgeblich abhängen, denn sie stellt seit Februar zehn der 20 Aufsichtsräte, ist „stärkste Fraktion“ im Aufsichtsrat. Wer die gewinnt, der gewinnt. Bisherige Linie war, dass die Arbeitnehmer die Ablösung Mühlenfelds wollen – und eine möglichst einvernehmliche Nachfolge. Zudem befürworten sie eine Rückkehr des freigestellten Technikchefs Marks.
Was ist mit den internen Kandidaten?
Spannend wird es, falls Müller keinen externen Kandidaten findet, was sich andeutet: Dann könnte es Staatssekretär Rainer Bomba werden, der bei den Arbeitnehmern beliebt ist. Allerdings lehnte Woidke Bomba als Chef bisher ab. Bleibt es dabei, hätte Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup die besten Chancen. Brandenburg würde ihn akzeptieren, zumal Müller dann den Aufsichtsratsvorsitz abgeben und sich aus dem Kontrollgremium – ebenso wie die beiden anderen Senatoren – zurückziehen würde. Die Politiker wären raus, was Brandenburg lange fordert. Und der Weg für Bretschneider als Aufsichtsratschef frei.
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