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Vorschlag: Flüchtlinge in ILA-Messegelände am BER: Berlin irritiert Brandenburg

Berlin bittet Brandenburg bei der Unterbringung von Flüchtlingen um Hilfe - und bringt das ILA-Messegelände am BER in Schönefeld ins Gespräch.

Stand:

Berlin/Potsdam - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat zurückhaltend auf neue öffentliche Vorstöße aus dem Nachbarland reagiert, Berliner Flüchtlinge in Brandenburg unterzubringen – etwa in den ILA-Messehallen in Selchow nahe dem Flughafen in Schönefeld oder in leerstehenden Wohnungen im Land. Dies hatte Berlins Sozialsenator Mario Caja (CDU) am Montag vor Journalisten gefordert und damit Brandenburg überrascht.

Es gebe keine Anfragen aus Berlin, jeder habe zudem zunächst einmal seine Lasten zu tragen, „die Herausforderungen sind in Brandenburg genauso groß“, sagte Woidke dazu am Montag nach einem Flüchtlingsgipfel mit Landräten und Oberbürgermeistern in Potsdam. Dabei ging es um die angespannte Situation bei der Aufnahme von Flüchtlingen im Land Brandenburg selbst. Und da stoßen das Land, zuständig für die Erstaufnahme der Ankömmlinge, aber auch die märkischen Kommunen inzwischen mittlerweile selbst an Grenzen. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sagte, Brandenburg nehme 2015 rund 36 000 Flüchtlinge auf, nächstes Jahr rechne man mit weiteren 40 000 Flüchtlingen. Allein im Oktober seien mehr Menschen gekommen als 2013 und 2014 insgesamt. Im vorigen Jahr hatte Brandenburg 6400 Flüchtlinge aufgenommen. „Diese Dynamik kann nicht fortgeführt werden“, sagte Schröter. „Das ist nicht zu schaffen.“ Er kündigte an, dass Brandenburg bis Ende Januar 2016 die Kapazitäten der Erstaufnahme auf 7000 Plätze, bis Mitte des Jahres auf 10 000 Plätze aufstocken wird.

Kapazitäten in Berlin an ihre Grenzen - in Brandenburg aber auch

Und nun kommt zusätzlicher Druck aus dem Nachbarland. Berlin muss bei der Unterbringung von Flüchtlingen dringend gemeinsame Lösungen mit Brandenburg finden, „weil die Kapazitäten in Berlin an ihre Grenzen geraten“. Das sagte Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) am Montag bei der Eröffnung des zweiten Tempelhofer Flughafenhangars als Notunterkunft. Hangar 3, gerade eröffnet, sollte am Montagabend mit seinen 830 belegten Doppelstockbetten als Männerunterkunft schon wieder voll sein. Das ICC, das gerade als eine der letzten in Berlin verfügbaren Großunterkünfte vorbereitet wird, kann laut Czaja aus Brandschutzgründen weniger als 1000 Menschen beherbergen.

Nun appelliert Czaja an das Nachbarbundesland, der Unterbringung von bis zu 5000 Syrern, Irakern, Iranern oder Pakistanern in den Ila-Messehallen am BER zuzustimmen. Das Gelände gehöre Berlin, die Messe Berlin bewirtschafte es, so der Sozialsenator. In Brandenburg lösten die Aussagen Verwunderung aus. „Mit Berlin ist etwas anderes vereinbart. Es gibt keine offizielle Anfrage Berlins dazu“, sagte Woidke den PNN. Die Idee aus Berlin sei nicht neu, die habe es bereits aus der Zeit vor dem vorletzten Flüchtlingsgipfel. „Berlin hat uns gebeten, diese Debatte nicht fortzuführen.“ Ähnlich äußerte sich Stephan Loge (SPD), Landrat von Dahme-Spreewald, wo Selchow liegt. „Es gab vor Monaten schon einmal eine solche Idee Berlins. Wir haben seitdem nichts mehr davon gehört. Es wäre schön, wenn man den Nachbarn mal fragt.“

50.000 Flüchtlinge in Berlin

Auch vom Appell des Sozialsenators, es könne nicht sein, dass in den neuen Ländern eine Million Wohnungen leerstehen, während die großen Städte mit ihrer hohen Attraktivität für Migranten „alle an den Grenzen der Leistungsfähigkeit arbeiten“, hält Brandenburg nichts – egal ob Regierung oder Opposition. Einig ist man sich darin, dass die Wohnungen vor allem in strukturschwachen Regionen ohne ausreichend Arbeitsmöglichkeiten leerstehen. Dort Flüchtlinge unterzubringen, die keinerlei Jobs und Perspektiven finden können, bringe nur neue Probleme. Der Berliner Sozialsenator verweist darauf, dass etwa München selbst nur 12 000 Flüchtlinge in der Stadt untergebracht habe und die übrigen Ankommenden in Bayern verteile, während der Stadtstaat Berlin bereits mehr als 50 000 Flüchtende beherbergt – in nunmehr 90 Not- und Gemeinschaftsunterkünften. Täglich kommen laut Czaja 600 bis 700 Flüchtlinge neu in Berlin an.

Jeden Tag so viele, wie nun in Hangar 1 leben. In der beheizten Familienunterkunft stehen Zelte. Auch Hangar 4 wird – zum Schutz der wenigen ankommenden Frauen – als reine Männerunterkunft eingerichtet, mit 830 Etagenbetten. Genauso viele Männer sind es nun in Hangar 3. Je vier Doppelstockbetten stehen dicht an dicht in mit Stellwänden abgetrennten improvisierten Zimmern. Im hinteren Hangarbereich sind die Toiletten, es wird ein Essraum improvisiert, größere Aufenthaltsräume gibt es nicht.

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Brandenburg kann Berlin nicht helfen. Ein Kommentar >>

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