Brandenburg: Berlin sieht die Queen: „Sie ist in Grün!“ Das Brandenburger Tor für die Durchfahrt geöffnet
Die Queen ist nicht Robbie Williams. Niemand kreischt, als ihr Tross in Sichtnähe kommt.
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Die Menschen hinter den Absperrgittern haben das Feixen und Lästern eingestellt; es herrscht frohe Erwartung wie beim Konzert vor dem Auftritt des Dirigenten. Etliche schwarze Limousinen kündigen den Moment der Momente an. Ein „englischer Männerklub“ vom Niederrhein, ausgestattet mit Butler, Bowler Hats und Dudelsackpfeifer, spielt die Melodie zu „God save the Queen“. Dann schwenkt die Staatskarosse in die Auffahrt zum Schloss Charlottenburg, wo wenig später Bundespräsident Horst Köhler die britische Monarchin begrüßen wird. Im Fond des Wagens sitzt Prinz Philip links und verdeckt unglücklicherweise seine Frau, so dass die Queen vor allem als Hut erkennbar wird. „Sie ist in Grün“, ruft eine Frau aus Charlottenburg, selbst in Mattgelb gewandet. Dieser entscheidende Satz – „sie ist in Grün“ – nimmt alle Anspannung aus der Menge. Endlich weiß man, was die Königin heute Morgen angezogen hat. Florian Günther, 18 Jahre alt, Orthopädiemechaniker, wirbt mit gelben Handzetteln für den Verein „Tradition und Leben“, der die Monarchie in Deutschland wieder einrichten möchte. Der Bedarf nach Prunk und Gloria ist ja offenkundig groß. So eine Monarchie sei gar nicht teuer, sagt Vereinssprecher Fabian Hegholz. „Jeden Briten kosten die Royals so viel wie ein Liter Milch im Jahr.“ Die Frau aus Charlottenburg ist wie viele andere Damen eher aus modischen Gründen gekommen. Man hat sich schick gemacht, trägt in Einzelfällen auch Hut, und möchte sich ein bisschen in fremder Pracht sonnen. Ernst nehme sie das Ganze nicht, sagt sie. „Das ist doch Quatsch hier“, aber eben ein ungemein amüsanter. Ein junger Student der Musikwissenschaft meint, es gehe nicht um die Queen an sich, sondern eher das schöne Gefühl, nichts verpasst zu haben. Brigitte Kunze aus Hildesheim wirkt dagegen sehnsüchtig-versonnen, wenn sie zum Schloss hinüberschaut. Der Wunsch, auch in Deutschland so eine prächtige Königin zu haben, sei schon irgendwo in ihr, tief verborgen. Sonst würde sie sich die Royals nicht immer im Fernsehen angucken. Immerhin gibt es die Bundeswehr. Ein Musikkorps mit Tambourin spielt Märsche, das Wachbataillon marschiert durch das Schlosstor. Auch das wirkt irgendwie erbaulich. Einige sind nur wegen der schönen Uniformen und der soldatisch-verschlossenen Männergesichter gekommen. Die sind jedenfalls schön von vorne zu sehen. Königen Elizabeth war pünktlich um 13.45 Uhr auf dem Flughafen Tegel gelandet. Für die Queen ist es der vierte Staatsbesuch in der Bundesrepublik, davon nach 1992 der zweite im vereinigten Deutschland. Letztmalig war sie zur Eröffnung der britischen Botschaft in Berlin. Von vorne näherte sich die Queen am Nachmittag ihrem Hotel – durch das Brandenburger Tor, das eigens für diesen Staatsbesuch von den Sperrpollern befreit worden ist. „Das hat sie sich gewünscht“, erklärt ein Polizist am Tor. Richtig Sinn macht es nicht, weil sie zuvor in der Britischen Botschaft in der Wilhelmstraße war, einige Meter Fußweg vom Adlon entfernt. Hundert weitere Polizisten sichern derweil das Tor, so dass wirklich niemand außer dem königlichen Konvoi sich auf den Pariser Platz schmuggelt. Viel zu tun ist nicht, der Verkehr ist für einen Werktagsnachmittag recht dünn in Mitte. Auch ihre Fahrten am Mittag zum Schloss und zum Kanzler haben die Berliner Autofahrer wenig gestört, nur kurzzeitig wurde der Querverkehr angehalten. Einige ärgerten sich allerdings, dass die Linden zweimal gesperrt wurden, zunächst eine Stunde am Nachmittag während ihrer Fünf-Minuten-Kranzniederlegung in der Neuen Wache und dann am Abend ab 18 Uhr fast bis Mitternacht. Während des mehrstündigen Staatsbanketts im Zeughaus musste die Straße aus Sicherheitsgründen gesperrt sein, obwohl die Queen offiziell nur die zweithöchste Gefährdungsstufe 2 hat. 1000 Polizisten bewachten das britische Königspaar, in ruhigen Minuten, als die Queen beim Kanzler war, inspizierten Verkehrspolizisten neugierig die britische Bentley-Limousine: Die hat kein Nummernschild, aber zwei Blaulichter hinterm Kühlergrill. Heute eröffnet die Queen eine Klimakonferenz in der britischen Botschaft, trifft den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und besucht zwei Ausstellungen auf der Museumsinsel, bevor sie nach Potsdam fährt.
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