Brandenburg: „Bis es wieder brennt“
In Brandenburg machen Rechtsextreme Stimmung gegen Asylbewerberheime. Nicht nur in Bestensee fällt das auf fruchtbaren Boden
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Pätz - In Brandenburg machen Rechtsextreme immer stärker Stimmung gegen Flüchtlinge und neue Asylunterkünfte – und in der Beölkerung kommt das durchaus an. Zum Beispiel in Pätz, ein kleines beschauliches Dorf, ein Ortsteil der Gemeinde Bestensee (Dahme-Spreewald). Dort soll ein Asylbewerberheim für 150 Flüchtlinge eingerichtet werden. Bei einer Informationsversammlung der Gemeinde am gestrigen Donnerstagabend herrschte eine aufgeheizte Stimmung. Die Hälfte der rund 150 gekommenden Einwohner reagierte zustimmend auf fremdenfeindliche Rufe in dem Saal des Technologiezentrums. Wie den eines jungen Mannes in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Weltmeister 1945“. Der warf ein, dass das Asylbewerberheim besser in Hoyerswerder und Rostock aufgehoben wäre. Damit spielte er auf die fremdenfeindlichen Ausschreitungen gegen Flüchtlingsheime in den frühen 1990er-Jahren an.
Mehrfach warnten Bürger vor dem Heim mit dem Spruch: „Bis es wieder brennt.“ Die Polizei brauche eine Dreiviertelstunde bis nach Pätz. Man könne auch nach Berlin-Kreuzberg fahren, wenn man „Kanacken sehen will“, rief ein junger Mann dawischen. Eine Schulleiterin warnte, ihre Einrichtung sei gar nicht auf die Kinder der Flüchtlinge vorbereitet. Zahlreiche Einwohner beschwerten sich, dass die Standortauswahl für das Heim entschieden sei und sie keinerlei Chance zur Mitwirkung hätten.
Die Polizei sicherte die Veranstaltung weiträumig ab. Die NPD und andere rechte Gruppen hatten dazu aufgerufen, zu der Bürgerversammlung in Pätz zu kommen. Schon in den vergangenen Tagen kam es zu Schmierereien an einer Bushaltestelle: „Asylflut Stoppen“. Beim Online-Netzwerk Facebook formierte sich Widerstand, etwa bei einer Bürgerinititive mit dem Namen „Nein zum Heim in Pätz“. „Die Heime werden noch brennen, und ich hoffe, das passiert noch bevor das Nächste geöffnet wird“, hieß es in einem der Kommentare auf der Facebook-Seite. Zumindestens im Internet bekommen die Gegner des Flüchtlingsheims immer mehr Zuspruch. Innerhalb von vier Tagen stieg die Zahl der Anhänger von Null auf 1400 an.
In der Gegend gab es bereits in den 1990er-Jahren relativ starke rechtsextremistische Strukturen. Im nur 15 Kilometer von Pätz enfernten Dolgenbrodt hatten rechte Täter in der Nacht zum 1. November 1992 ein Asylbewerberheim in Brand gesetzt – genau am Tag vor dem Einzug der ersten Flüchtlinge. Besonders erschreckend an dem Fall war, dass die Brandstifter für ihre Tat bezahlt wurden – von Anwohnern aus Dolgenbrodt.
Die Sicherheitsbehörden hatten deshalb die Lage in Pätz im Vorfeld genau im Blick, zahlreiche Beamte sicherten die Veranstaltung ab. Es gab eine strenge Einlasskontrolle, nur Einwohner erhielten Zutritt. Auf dem Parkplatz hielt parallel die Nachwuchsorganisation der NPD, die JN, eine Kundgebung ab – von der Polizei aber deutlich auf Abstand gehalten.
Pätz ist kein Einzelfall. In den letzten Monaten kam es in Berlin und Brandeburg immer wieder zu Protesten oder gar Brandanschlägen gegen Flüchtlingsheime, die aber stets gescheitert sind. Mitte September hatten Unbekannte in Premnitz im Havelland einen Brandanschlag auf ein verlassenes Schulgebäude verübt, das zu einer Sammelunterkunft für 90 Asylbewerber ausgebaut werden soll. Die Feuerwehr war gerade noch rechtzeitig gekommen. Die Region um Premnitz gilt als rechte Hochburg. Die Ermittler gehen von Rechtsextremisten als Täter aus. Zwei Wochen vor dem Anschlag waren Mitglieder von NPD und Kameradschaft vor dem geplanten Flüchtlingsheim aufmarschiert. Auch in Premnitz fiekl die rechte Propaganda gegen das Heim im Wohngebiet auf fruchtbaren Boden. Zuvor hatte es einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim in Luckenwalde (Teltow-Fläming) gegeben. Der Brandsatz hatte allerdings keinen Schaden angerichtet.
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