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Verhandlungsmasse. Die Wirtschaft hatte klare Vorstellungen, was bei den Koalitionsverhandlungen zwischen Rot-Rot herauskommen soll.

© dpa

Brandenburg: Bloß nicht weiter so

Wirtschaft fordert von Ministerpräsident Woidke mehr BER-Engagement. Rot-Rot investiert in Bildung

Potsdam - Brandenburgs Wirtschaft erwartet von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und der neuen rot-roten Landesregierung „ein wesentlich stärkeres Engagement“ für den neuen BER-Flughafen in Schönefeld. Das ist eine Forderung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) an das geplante Regierungsbündnis, für das am Dienstag die Koalitionsverhandlungen fortgesetzt wurden. „In letzter Zeit ging es nur noch um den Lärmschutz. Dabei ist der BER das wichtigste Infrastrukturprojekt des Landes. Brandenburg profitiert am meisten davon“, sagte UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck. Er forderte, dass Woidke in den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft geht. Und zwar unabhängig von der Frage des Vorsitzes. „Ich glaube, das ist ein Fulltime-Job, der nicht nebenher zu erledigen ist.“

Die Unternehmensverbände drängen darauf, dass der Flughafen endlich den Rang in der Regierungspolitik bekommt, der ihm gebührt. Lärmschutz sei wichtig, dürfe aber nicht wie bisher im Vordergrund stehen, sagte Amsinck. Stattdessen müsse die Regierung „einen aktiveren Beitrag“ leisten, dass der BER zügig ans Netz gehen kann. „Ich erwarte, dass der Flughafen im neuen Koalitionsvertrag prominentest verankert sein wird, als das zentrale Infrastrukturprojekt Brandenburgs.“

Wie bereits der Cottbuser IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Krüger machte auch Amsinck keinen Hehl daraus, dass viele Unternehmen einer rot-schwarzen Regierung den Vorzug gegeben hätten. Nun müsse das Wort Woidkes gelten, dass die Stärkung des Wirtschaftsstandortes oberste Priorität haben werde. „Ein bloßes ,Weiter so‘ darf es nicht geben“, sagte Amsinck. Für die Wirtschaft ist wichtig, dass die Mittel für den Erhalt und den Ausbau maroder Landesstraßen auf 100 Millionen Euro erhöht werden, nachdem Rot-Rot den 80-Millionen-Etat seit 2009 auf 18 Millionen Euro zusammengestrichen hatte. Eine Erhöhung haben SPD und Linke bereits angekündigt.

Außerdem mahnt die Wirtschaft, wie von der Regierung versprochen bis 2015 flächendeckend schnelles Internet zu gewährleisten. Kritik übte Amsinck an rot-roten Plänen, den Mindestlohn für öffentliche Aufträge – er liegt bei 8,50 Euro – in der Wahlperiode zu erhöhen. Die Linken wollen eine Anhebung auf zehn Euro. „Jegliche Festsetzung einer Höhe im Koalitionsvertrag wäre falsch“, warnte Amsinck. Er erinnerte daran, dass der bisherige Mindestlohn von einer Expertenkommission bestimmt worden sei, dies müsse so bleiben.

In der Bildungspolitik fordert die Wirtschaft „mehr Verbindlichkeit“, Schulfrieden, also kein Antasten der Gymnasien, vor allem aber eine größere Wirtschaftsnähe. Dies könne durch einen Ausbau dualer Studiengänge geschehen, an denen Azubis der Unternehmen gleichzeitig ein Hochschulstudium absolvieren. Da hinke Brandenburg hinter anderen Ländern her.

Diese Stoßrichtung deckt sich mit Plänen Woidkes, der SPD und der Linken, die am Dienstag zu Bildung und Wissenschaft verhandelten. Beide Seiten einigten sich, dass in den nächsten fünf Jahren 4300 Lehrer eingestellt werden, teilte Woidke danach mit. Im gleichen Zeitraum gehen aber 3600 Pädagogen in den Ruhestand. Laut Woidke sollen die Gruppen in den Kitas kleiner werden, der Betreuungsschlüssel für Kinder im Krippenalter (0 bis 3 Jahre) auf einen Erzieher für fünf Kinder abgesenkt werden, bisher sind es sechs. Bei den Drei- bis Sechsjährigen soll die Gruppengröße künftig bei elf statt zwölf liegen. Woidke begründete den Schritt mit der Bedeutung der frühkindlichen Bildung. Gute Bildung diene der Sicherung von Fachkräften, sagte er.

Eine landesweite Gemeinschaftsschule soll es nach PNN-Recherchen nicht geben, aber als Zugeständnis für die Linke eine Öffnungsklausel für „Schulzentren“. Die soll greifen, wenn es vor Ort Bestrebungen gibt, Grund- und Oberschulen zu fusionieren, die manchmal in einem Gebäude sind. Eine Bedingung der SPD gibt es: Die Doppelschule darf nicht Gemeinschaftsschule heißen. Deshalb sprechen Vertreter der Linken neuerdings allein vom „längeren gemeinsamen Lernen“. Zudem soll es künftig wieder 610 Stellen in der Schulsozialarbeit geben, nachdem sie zwischenzeitlich auf 510 reduziert worden waren.

Woidke wie auch Linke-Parteichef und Finanzminister Christian Görke bekräftigten, dass Brandenburg bis 2019 keine neuen Schulden mehr aufnehmen will. „Das ist alles finanzierbar“, sagte Görke fest. 

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