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Ratlose Ermittler: Brandenburg: Das Land der Brandstifter
Ermittler sind ratlos: In keinem anderen Bundesland werden so viele Feuer gelegt. Ein Großteil Fälle wird von Anwärtern oder Mitgliedern der freiwiligen Feuerwehern verübt.
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Potsdam - In keinem Bundesland gibt es – gemessen an der Einwohnerzahl – so viele Brandstiftungen wie in Brandenburg. Das ist das Ergebnis von PNN-Recherchen in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken aller 16 Bundesländer. Im Jahr 2011 gab es demnach in Brandenburg insgesamt 1857 Fälle, davon waren 1199 Fälle vorsätzliche Brandstiftung und Herbeiführen einer Brandgefahr, wie es amtlich heißt. In den Vorjahren waren die Fallzahlen ähnlich hoch und schwankten nur geringfügig. Für das noch nicht komplett ausgewertete Jahr 2012 wird polizeiintern mit einer ähnlich hohen Zahl gerechnet. Am heutigen Freitag wollen Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) und Polizeipräsident Arne Feuring die aktuelle Kriminalstatistik vorlegen.
Je 100 000 Einwohner zählte die Polizeistatistik in Brandenburg im Jahr 2011 rund 48 vorsätzliche Brandstiftungen – ein deutschlandweit einmalig hoher Wert. In keinem anderen Bundesland ist die sogenannte Häufigkeitszahl auch nur annähernd so hoch wie in Brandenburg. Nach den Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) sind es im deutschlandweiten Durchschnitt nur 17,3 Fälle je 100 000 Einwohner. Hinter Brandenburg folgen mit deutlichem Abstand andere ostdeutsche Länder: Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt mit einer Häufigkeitszahl 36 und 33 Fällen. Dann kommen die Stadtstaaten Berlin (31,5), Hamburg (31,1) und Bremen (32,4), was auf die zahlreichen Autobrandstiftungen in Großstädten zurückzuführen ist. Am geringsten sind die Werte in Bayern (5,6) und in Baden-Württemberg (9,2).
In der brandenburgischen Polizei ist das Problem intern seit Langem bekannt. Selbst in der Führungsebene heißt es, dass seit der Wende in keinem anderen Bundesland so viele Brandstiftungen begangen werden. Über die Gründe für die vielen Brandstiftungen herrscht weitgehend Unklarheit. Und beim Kampf gegen die Zündler treten die Ermittler auch auf der Stelle. Zwischenzeitlich gestartete Bemühungen des Landeskriminalamtes (LKA), das seit dem Jahr 2000 eine Datenbank mit den Brandstiftungsfällen aus mehreren Bundesländern speiste und als Ermittlungsinstrument zur Erstellung von Täterprofilen entwicklte, werden seit 2009 nicht weiterverfolgt. Die Datenbank steht den sogenannten Profilern und Ermittler zwar weiter zur Verfügung, wird aber nicht mehr in Brandenburg, sondern von Polizeischülern in Mecklenburg-Vorpommern gepflegt. Die Aufklärungsquote bei den vorsätzlichen Brandstiftungen liegt mit 37,2 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Bei der Gesamtzahl der Fälle, also die fahrlässigen Fälle inbegriffen, liegt die Aufklärungsquote leicht unter dem Schnitt.
Zu den Täterprofilen hat die Langzeitstudie des LKA brisante Ergebnisse geliefert: Demnach sind für ein Großteil der vorsätzlich gelegten Feuer Anwärter, Mitglieder oder Ex-Mitglieder von freiwilligen Feuerwehren verantwortlich. Im Durchschnitt sind die Täter 25 Jahre alt und wohnen in Tatortnähe. 76 Prozent aller Brandstiftungen begehen Einzeltäter, die Hälfte aller Taten werden von Serientätern verübt. Und 60 Prozent der Fälle der Brandserien werden laut der LKA-Erfassung von Tatverdächtigen verübt, die in Beziehung zu Feuerwehren stehen.
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