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BER-Aufsichtsratssitzung: Brandenburg gewinnt bei Schallschutz

UPDATE. BER-Aufsichtsrat bessert deutlich nach, will aber strenge Gerichtsvorgaben nicht einhalten. Das unterfinanzierte Schallschutzprogramm von 140 Millionen wird um 591 Millionen Euro aufgestockt.

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Schönefeld - Die Anwohner des neuen Flughafens Willy Brandt in Schönefeld erhalten einen besseren – aber keinen perfekten – Schallschutz, als die Flughafengesellschaft bisher gewähren wollte. Dies hat der Aufsichtsrat des Unternehmens unter dem Vorsitz des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) am Donnerstag beschlossen. Keine Festlegung gab es, wie erwartet, zum Eröffnungstermin und zur Finanzierung der Mehrkosten, die bisher mit 1,17 Milliarden Euro veranschlagt sind. Diese beiden Entscheidungen hat das Gremium auf die nächste Sitzung im September vertagt. Der Bund schließt einen Ausstieg aus dem Projekt trotz der Pannen und Mehrkosten kategorisch aus.

Wie Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD), der Vize im Aufsichtsrat ist, auf der Pressekonferenz am Abend sagte, werden sowohl der umstrittene „Klarstellungsantrag“ der Flughafengesellschaft zur Verschlechterung des Schutzniveaus als auch die Klage des Flughafens gegen den Bescheid des brandenburgischen Infrastrukturministeriums zur Umsetzung des Schallschutzurteils des Oberverwaltunfgsgerichtes Berlin-Brandenburg (OVG) zurückgezogen. Die Flughafengesellschaft hält sich laut Platzecks an die Maßgaben der brandenburgischen Planfeststellungsbehörde, die allerdings den Planfeststellungsbeschluss etwas weniger rigide auslegt als das OVG. Die Anwohner bekämen einen „exzellenten Schallschutz“, sagte Platzeck.

Der Flughafen werde nach der Auflage der Planfeststellungsbehörde einen Schallschutz gewährleisten, wonach der Spitzenpegel von 55 Dezibel in Wohnungen durch Fluglärm „knapp unter 0,5 Mal“ pro Tag überschritten werden darf. In der Praxis bedeutet dies, dass es in den sechs verkehrsreichsten Monaten des Jahres an knapp der Hälfte der 180 Tage eine Überschreitung geben darf. Der bislang chronisch unterfinanzierte Flughafen-Etat muss nun nach ersten Schätzungen von bisher 140 Millionen Euro um rund 400 Millionen Euro aufgestockt werden. Nach der strengen OVG-Auslegung mit null Überschreitungen wäre eine Aufstockung um 591 Millionen Euro nötig gewesen.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung steht indes uneingeschränkt zum künftigen Hauptstadt-Flughafen Willy Brandt in Schönefeld, betonte Staatssekretär Rainer Bomba aus dem Bundesverkehrsministerium, der den Bund im Aufsichtsrat vertritt. „Der Bund steht zu diesem Projekt, wir werden es nicht an die Wand fahren“, sagte Bomba. Er rechne nicht mit einem Koalitionsstreit in der schwarz-gelben Koalition. Bomba reagierte damit auf Stimmen von FDP-Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle, aber auch von Unionspolitikern, die eine Beteiligung des Bundes an den mit 1,17 Milliarden Euro bezifferten Mehrkosten verhindern wollen.

Ein verlässlicher Eröffnungstermin für den neuen Flughafen soll auf der nächsten Sitzung des Aufsichtsrates am 14. September festgelegt werden, sagte Wowereit. Bis dahin werde der neue Technik-Geschätsführer Horst Amann so weit sein, einen verlässlichen Termin nennen zu können. „Noch ist er nicht in der Lage, ein abschließendes Votum abzugeben“, sagte Wowereit. Dass dies nicht vorher möglich ist, begründete Amann selbst mit Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten auf der Baustelle. Für einen „seriösen Bauablaufplan“ fehlten noch „Ausführungsplanungen“, die bislang nicht vollständig seien. Noch sei der bisherige Termin 17. März 2013 nicht aufgegeben worden. Insider halten das aber für ausgeschlossen. Vor Herbst oder gar Winter werde der Flughafen nicht betriebsbereit sein, sagte ein Experte am Donnerstag.

Wegen der gleichen Unwägbarkeiten wurde auch das Finanzierungskonzept für die bislang mit 1,17 Milliarden Euro bezifferten Mehrkosten nur in den Grundzügen beraten. Es werde einen „Mix“ geben aus einem erhöhten Eigenkapital, aus Überbrückungskrediten sowie aus Darlehen der Gesellschafter, kündigte Bomba a an. Jetzt wurden unter Federführung des Bundes die Vor-Gespräche mit der EU in Brüssel zur Notifizierung der Beihilfen beginnen. Flughafenchef Rainer Schwarz lehnte Forderungen nach seinem Rücktritt strikt ab. (mit kt)

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