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Die BSW-Fraktion im Brandenburger Landtag

© dpa/Jens Kalaene

„Autoritäre Tendenzen“: Vier Brandenburger Abgeordnete treten aus dem BSW aus

Krise in der Wagenknecht-Partei: Die Landtagsabgeordneten Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, Reinhard Simon und André von Ossowski verlassen das BSW. In einer Erklärung prangern sie „radikalisierte Positionen“ an.

Stand:

Paukenschlag in Brandenburgs Politik. Gleich vier Landtagsabgeordnete des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) haben am Dienstag den Austritt aus der Partei erklärt. In einer am Abend veröffentlichten Erklärung begründeten die Abgeordneten Reinhard Simon, André von Ossowski, Melanie Matzies und Jouleen Gruhn – sie ist Vize-Landtagspräsidentin – ihren Schritt mit „autoritären Tendenzen“ im BSW. Sie wollen danach als Parteilose in der BSW-Landtagsfraktion bleiben und bekennen sich klar zur Fortsetzung des SPD/BSW-Regierungsbündnisses, das das einzige in Deutschland ist. Es hat im Landtag nur eine Mehrheit von zwei Stimmen.

Erst am Vortag hatte Parteigründerin Sahra Wagenknecht ihren Rückzug von der Bundesspitze angekündigt. In der Erklärung verweisen die vier Abgeordneten auf die „sachorientierte und besonnene Haltung“ Wagenknechts. „In den vergangenen Monaten hat sich jedoch eine Entwicklung abgezeichnet, die uns große Sorgen bereitet. Autoritäre Tendenzen prägen zunehmend mehr das innerparteiliche Klima, „der Druck auf Abgeordnete wächst“, heißt es weiter. „Es dominieren radikalisierte Positionen – ein Kurs, der weder dem Anspruch einer pluralistischen Bewegung noch dem einer demokratischen Partei gerecht wird.“

Vize-Landtagspräsidentin Jouleen Gruhn.

© dpa/Soeren Stache

Streit über Medienstaatsverträge eskalierte

Anlass war demnach der vom BSW eskalierte Konflikt um die Medienstaatsverträge, die nächste Woche im Landtag zur Abstimmung stehen. BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders hat das mehrheitliche Nein der BSW-Fraktion noch am Dienstag bekräftigt. Die Debatte um den Staatsvertrag verdeutliche den „Verlust an Besonnenheit“, heißt es in der Erklärung der vier Abgeordneten. Dabei wäre es notwendig gewesen, „eine derart zugespitzte Situation in unsicheren Zeiten zu vermeiden“.

Autoritäre Tendenzen prägen zunehmend mehr das innerparteiliche Klima.

Die vier beim BSW ausgetretenen Abgeordneten in ihrer Erklärung

Der Entschluss sei „nicht leicht gefallen“, so die Erklärung. „Dazu trägt auch bei, dass Ostdeutschland bei der Neuaufstellung des Bundesvorstands sträflich vernachlässigt wird.“ Zugleich betonen Gruhn, Matzies, von Ossowski und der frühere Schwedter Theaterintendant Simon, dass sie ihre fundierte, transparente und demokratische Arbeit im Parlament fortsetzen wollen, „dafür braucht es einen neuen, parteiunabhängigen Rahmen.“ Die vier Parteilosen bekennen sich „zur hervorragenden Arbeit der BSW-Minister“ Robert Crumbach, Detlef Tabbert und Britta Müller sowie „zur Fortführung der bisherigen Koalitionspolitik“ unter Führung von Ministerpräsident Dietmar Woidke. „Diese wird durch unseren Schritt in keiner Weise beeinträchtigt“, heißt es weiter.

Überraschter Koalitionspartner

Beim Koalitionspartner SPD traf der Schritt der BSW-Abgeordneten auf Überraschung. „Die Dynamik innerhalb der BSW-Fraktion ist überraschend und zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend zu bewerten“, sagte der SPD-Fraktionschef Björn Lüttmann am Dienstagabend. „Morgen bereiten wir turnusmäßig den Hauptausschuss gemeinsam mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer und dem BSW-Fraktionsvorsitzenden vor – wir werden dann das weitere Vorgehen besprechen.“ Er habe aber zur Kenntnis genommen, dass es in der Erklärung der vier ausgetretenen ehemaligen BSW-Mitglieder „ein klares Bekenntnis zur Koalition“ gibt.

Ministerpräsident Dietmar Woidke, der sich gerade in Großbritannien aufhält, wollte sich nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers Michael Schlick am Abend nicht zu dem Vorgang äußern.

Vize-Ministerpräsident und Finanzminister Robert Crumbach, der früher Parteichef im Land war und die Fraktion vor einer Eskalation des Konfliktes mit der SPD gewarnt hatte, sagte auf Anfrage zu den BSW-Austritten lediglich: „Ich kann das nicht kommentieren.“ 

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