Von Johann Legner: Braunkohle als Auslaufmodell
Der Bund schreibt die Braunkohle mittelfristig ab und in Brandenburg wird bemerkt, dass ein Plan für die Kohleregion Lausitz fehlt
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Berlin/Potsdam - Dass sie einen schweren Stand haben werden mit ihrem atomkraftgetriebenen Energiekonzept, war gestern den fünf Bundesministern anzumerken, die die neue Marschroute der Regierung in Berlin der Presse vorstellten. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) bemühte deswegen auch große Worte und sprach von einem „Meilenstein in der Wirtschaftsgeschichte des Landes“. Der Kursschwenk hin zur Laufzeitverlängerung der deutschen Atommeiler hat jedenfalls erhebliche Auswirkungen auf die Energieregion Brandenburgs – die Lausitz. Sollte er politisch durchgesetzt werden, wird der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung schneller kommen, als bisher angenommen.
Dass die Kohleverstromung insgesamt und erst recht die der Braunkohle ein Thema ist, über das es sich aus Sicht von Röttgen, aber auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) nicht einmal mehr zu reden lohnt, wurde am Dienstag noch einmal überdeutlich. Auf die Möglichkeiten der CCS-Technologie, also des Abscheidens und Speicherns des Klimagases CO2 angesprochen, redeten sie allesamt nur von der Chancen, die die „Erprobung“ insbesondere für die Exportindustrie bilde und vermieden strickt eine Prognose über den denkbaren Einsatz in der Bundesrepublik. Und bei der vorgesehenen Speicherung von CO2 will die Bundesregierung nach den Einsprüchen mehrerer Bundesländer jetzt strikt nach dem Freiwilligkeitsprinzip vorgehen. Soll heißen: Nur die Länder, die auch wollen, können unterirdische CO2-Endlager planen. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) sprach sich strikt gegen Ausstiegsoptionen für Länder aus. Eine Beschneidung der CO2-Speichermöglichkeiten auf wenige Regionen würde dem Solidarprinzip Deutschlands widersprechen. Für eine CO2-arme Energieproduktion müssten alle Speicherpotenziale in Deutschland genutzt werden.
Das der neuen Energiestrategie des Bundes zugrunde liegenden Szenario geht von einem weitgehenden und schnellen Abschied von der Braunkohle aus. Unter der Voraussetzung, dass es tatsächlich zu der vorgesehenen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke kommt, wird der Anteil des in der Lausitz so wichtigen Brennstoffes an der Stromerzeugung bis zu Jahr 2020 von 23,6 leicht auf 20,7 Prozent sinken. Dann aber geht es ganz schnell nach unten: 2030 sollen noch 9,3 Prozent, zehn Jahre später nur noch 4,4 Prozent und im Jahre 2050 nur noch 0,6 Prozent des Stroms aus Braunkohle gewonnen werden.
Die Gutachter geben der CCS-Technologie nur bei der Steinkohle eine realistische Einsatzchance. Dies hat nicht zuletzt damit zu tun, dass sie standortbedingt bei der Braunkohle nur in geringem Umfang für Wärmekopplung zur Verfügung steht. Die Abbaufelder der Braunkohle und die Bedarfsflächen für Wärme (Industrieanlagen oder große Städte) liegen demnach einfach zu weit auseinander. In allen Modellrechnungen ist der Einsatz der CCS-Technik bei der Braunkohle auch mit wesentlich höheren Investitionskosten verbunden, als bei der Steinkohle.
Inzwischen mehren sich auch in der Brandenburger Politik die Stimmen, die angesichts der Beschlüsse in Berlin auf eine Neuorientierung drängen. Nachdem am Montag bereits der Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus Wolfgang Krüger eine breite Debatte gefordert hatte, melden sich auch die wirtschaftspolitischen Sprecher der Oppositionsfraktionen zu Wort. Jens Lipsdorf von der FDP, sagt: „Die derzeitige Diskussion um Vattenfall und einen möglichen Rückzug aus der Braunkohle zeigt eines deutlich: Es fehlen weitreichende und differenzierte wirtschaftspolitische Konzepte für die Lausitz.“ Und der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU, der Potsdamer Abgeordnete Steeven Bretz, sagte: „Wir brauchen ein langfristiges Energiekonzept für Brandenburg, dabei wird die Bedeutung der Braunkohle abnehmend sein. Deshalb müssen wir schon heute an eine Zeit nach der Braunkohle denken.“
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