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Energiepolitik: Braunkohle-Papier irritiert Koalition
Ex-Minister Dellmann (SPD) nennt Position der Staatskanzlei einen „energie- und klimapolitischen Rückschritt“
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Potsdam - Dass Brandenburgs Landesregierung nun gemeinsam mit Sachsen und Sachsen-Anhalt beim Bundeskanzleramt für die klimaschädliche Verstromung von Braunkohle wirbt, sorgt selbst in der rot-roten Koalition für Aufsehen. Reinhold Dellmann (SPD), Ex-Infrastrukturminister und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag, sagte zum Positionspapier aus der Potsdamer Staatskanzlei von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD): „Das ist energie- und klimapolitisch ein Rückschritt.“ Das vier Seiten umfassende Papier sei „wenig zukunftsorientiert“. Der Lausitzer Bundestagsabgeordnete Wolfgang Nekovic (Linke) sagte: „Herr Platzeck verkennt die Ausgangslage. Braunkohle hat keine Zukunft.“ Das Positionspapier, in dem die Nutzung des heimischen Energieträgers als „Gebot der Stunde“ bezeichnet wird, sei der verzweifelte Versuch, in einer veränderten Situation der Braunkohle doch noch eine Zukunft zu bereiten“, sagte Nekovic.
Tatsächlich spielte die Braunkohle im Energiekonzept der Bundesregierung vom vergangenen Jahr keine Rolle. Im Zuge der Debatte um Atomausstieg und Energiewende ist das Konzept aber wieder hinfällig. Nun versuchen die drei Länder, die Braunkohle als sicheren und preiswerten Energieträger in Stellung zu bringen, der den Umstieg auf erneuerbare Energien absichern könne. Nicht nur Nekovic sieht die Linke als Platzecks Koalitionspartner brüskiert. Aus der SPD-Landtagsfraktion hieß es, damit sei der Koalitionsvertrag in Sachen Braunkohle-Ausstieg infrage gestellt. Die Linke hatte vor der Landtagswahl die Volksinitiative gegen neue Tagebaue unterstützt und auf ein Ausstiegsszenario gedrängt. Im Koalitionsvertrag ist deshalb von einer Brückentechnologie die Rede. Auch in der Linke-Landtagsfraktion sorgte das Papier aus der Staatskanzlei für Unruhe. Peer Jürgens, der zu den Kritikern der Braunkohle-Verstromung und unterirdischen Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) mittels CCS-Techologie zählt, zeigte sich „überrascht“ vom Vorstoß aus der Staatskanzlei, der „überhaupt nicht zur energiepolitischen Sitution der Landesregierung passt“. Jürgens erinnerte daran, dass die Koalition mittelfristige Braunkohleverstromung an die CCS-Technologie gekoppelt hat, deren Zukunft äußerst ungewiss ist. Koalitionskreise kritisierten zudem, Platzeck mache Werbung für die Braunkohle und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) sei mit der Vorlage der neuen Energiestrategie des Landes längst überfällig.
Auch CDU-Energieexperte Steeven Bretz sieht Christoffers beschädigt. „Platzeck widerspricht seinem Wirtschaftsminister. Denn Christoffers stellt die Akzeptanzfrage der künftige Energiepolitik an oberste Stelle“, sagte Bretz. „Platzeck aber weicht jeder Debatte aus.“ Grüne-Fraktionschef Axel Vogel sprach von Platzecks „aussichtslosem und tragischem Kampf für die Braunkohle“.
Lediglich FDP-Landeschef Gregor Beyer, zudem Energieexperte der liberalen Landtagsfraktion, bezeichnete das Positionspapier als richtigen Schritt. Es sei jedem klar, dass CCS – wenn überhaupt – erst spät einsetzbar und der Ausbau erneuerbarer Energien nur schrittweise vorangehe. Deshalb sei die Verstromung von Braunkohle auch ohne CCS längerfristig notwendig.
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