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Brandenburg: Bund will Verkauf von Seen wieder vorantreiben

Brandenburgs Umweltministerin Tack fordert freien Zugang zu den Gewässern

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Potsdam - Alle Proteste haben bislang nichts gebracht, nach dem Jahreswechsel will der Bund den Verkauf ehemals volkseigener Seen und Gewässer in Ostdeutschland wieder vorantreiben. Die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft BVVG werde ab 2010 wieder Gewässer zum Verkauf ausschreiben, bestätigte eine Sprecherin des bundeseigenen Unternehmens am Mittwoch. An der bisherigen und vielfach von Initiativen, Naturschützern und Fischern kritisierten Verkaufspraxis werde aber nichts geändert.

Anfang August hatte die BVVG die Ausschreibung von Gewässern gestoppt, auf Druck der neuen Bundesländer wenige Wochen später auch von Agrarflächen. Die Privatisierungsgegner hatten sich davon neue Vorgaben für die Privatisierungspraxis erhofft, weil sie um den öffentlichen Zugang zu Seen und Badestellen fürchten. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck hatte sich den Ausschreibungsstopp im Wahlkampf zu eigen gemacht, mit Hinweis auf „andere Wege“ zur Änderung der Privatisierungspraxis eine Initiative Brandenburgs im Bundesrat aber ablehnt. Gemeint waren die Verhandlungen auf Staatssekretärsebene zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Ländern. BVVG und Potsdamer Umweltministerium bestätigten nun, dass der Seenverkauf nie Thema der Bund-Länder-Gespräche werden sollte.

Wie berichtet wurde dabei nur für die einst volkseigenen Agrarflächen eine Lösung gefunden. Die Seen werden ab 2010 aber weiter nach Höchstgebot verkauft, wenn Kommunen und Fischereibetriebe das Erstangebot nicht annehmen – meist fehlt ihnen dafür auch das Geld.

„Das Moratorium hat überhaupt nichts gebracht. Es war reiner Wahlkampf“, kritisierte Winfried Schröder, Mitarbeiter des Potsdamer Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm von den Grünen. Diese arbeiten derzeit wie die Linke an einem Gesetzentwurf, um die Privatisierung von Gewässern für den Fall zu verhindern, „wenn sie eine wichtige Bedeutung haben für Ökologie, Wasserhaushalt, Naherholung und Tourismus“, so Schröder.

Auch die Landesregierung sieht inzwischen Handlungsbedarf. In der Tat erwägen die Potsdamer Staatskanzlei und das Agrarministerium, sich einer Initiative Mecklenburg-Vorpommerns im Bundesrat anzuschließen, wonach der Bund ehemals volkseigene Gewässer unentgeltlich an die Länder überträgt. Schon bei der nächsten Sitzung der Länderkammer Mitte Dezember sei der Antrag möglich, hieß es. Darüber müsse aber noch im Landeskabinett beraten werden.

Auch die Privatisierungsgegner sind weiter aktiv. Carsten Preuß, Stadtverordneter in Zossen und Chef einer Bürgerinitiative, sagte: „Wir haben bislang 84 000 Unterschriften für eine Petition beim Bundestag gesammelt. Mehrere Tausend liegen noch auf dem Tisch.“ Es dürften am Ende 90 000 werden. Große Hoffnung habe er ohnehin nicht in das Moratorium zu den Seen-Ausschreibungen gesetzt, „von der schwarz-gelben Bundesregierung war da nicht viel zu erwarten“. Derzeit verhandle er mit Vertretern des Petitionsausschusses im Bundestag über einen Termin zur Übergabe der Unterschriftenlisten.

Preuß zufolge stehen rund 15 000 Hektar Seen in den neuen Bundesländern in den nächsten Jahren zum Verkauf. Badestellen, Stege und Uferwege seien bei privaten Gewässern nicht mehr uneingeschränkt nutzbar, weil Eigentümer Angeln und Baden verbieten oder dafür Geld verlangen würden. Kritiker befürchten daher massive Folgen für Tourismus und den Wassersport in Brandenburg. Immerhin verfügt das Land über ein Netz mit 33 000 Kilometer Fließgewässern und 3000 Seen. Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke) forderte daher erneut, jedermann müsse die Möglichkeit haben, die Gewässer hautnah zu erleben: „Darum setzen wir uns für einen freien Zugang zu den Gewässern, insbesondere zu den Seen ein. Unser Gewässerreichtum ist ein Pfund bei der Entwicklung von Naherholung und Tourismus.“ A. Fröhlich

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