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„Königreich Deutschland“ verboten: In Grünheide trifft die Razzia den Chef der „Reichsbank“
Zu den mutmaßlichen Rädelsführern der verbotenen Gruppierung gehört auch ein Mann aus Brandenburg. Was über den selbsternannten Chef der „Reichsbank“ bekannt ist.
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Ein beschauliches Einfamilienhaus in einem kleinen Brandenburger Dorf. Die Idylle des farbenfroh aufblühenden Gartens wird am Dienstagmorgen von vermummten BKA-Beamten gestört. Sie sichern das Grundstück, während das Haus durchsucht wird. Der mutmaßliche Bewohner, der 37-jährige Benjamin M., ist zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Weg nach Karlsruhe.
Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstagmorgen vier mutmaßliche Rädelsführer der „Reichsbürger“-Gruppe „Königreich Deutschland“ festnehmen lassen, darunter auch R. aus dem Brandenburger Landkreis Oder-Spree. Nach Tagesspiegel-Informationen war die Polizei in Grünheide im Einsatz, die „Märkische Oderzeitung“ verortet die Durchsuchungsmaßnahmen im kleinen Ortsteil Hangelsberg. Fotos der Zeitung zeigen die Razzia im Einfamilienhaus.
Die Ermittlungen laufen der Bundesanwaltschaft zufolge wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat zudem die aktuell größte Gruppierung sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter, den Verein „Königreich Deutschland“, verboten.
Benjamin M. ist sowohl Gründungsmitglied der Gruppierung als auch direkter Stellvertreter von Peter Fitzek, dem selbsternannten Oberhaupt des „Königreichs“, der am Morgen in Sachsen festgenommen wurde. Fitzek verbüßte in den vergangenen Jahren immer wieder Haftstrafen, währenddessen übernahm M. gemeinsam mit dem ebenfalls festgenommenen Martin S. die „Amtsgeschäfte“.
Der in Grünheide festgenommene M. stammt aus Bad Saarow. Er nennt sich selbst Benjamin Freiherr von Michaelis und ist laut eines mittlerweile gelöschten Eintrags auf der Website des „Königreich Deutschlands“ auch für die „Königliche Reichsbank“ und das „Meldeamt“ zuständig.
Verfassungsschützer warnen vor „Königreich Deutschland“
Mit der Reichsbank wird nach Auffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das Einlagengeschäft des Konstruktes betrieben, ohne dass die hierzu nach dem Gesetz über das Kreditwesen (KWG) erforderliche Erlaubnis vorliegt. Interessierten wird suggeriert, dass ihre Unternehmen keine Steuern mehr bezahlen müssten, wenn sie nur genug Geld an das „Königreich“ überweisen.
Der Verfassungsschutz in Brandenburg hat seit Jahren das Milieu der „Reichsbürger“ im Blick, das sich 2023 vergrößerte. Die Zahl der Anhänger lag laut mit 1000 weitaus höher als im Jahr davor (2022: 650), wie es im Bericht der Verfassungsschützer hieß.
Sie warnten auch vor Bestrebungen des „Königsreichs Deutschland“, sich mit neuen Ansiedlungen und Immobilienkäufen ausbreiten zu wollen. Die im Jahr 2022 gestarteten Versuche, in der Uckermark erstmalig feste Strukturen in Brandenburg zu etablieren, seien bisher aber nicht weiter vorangeschritten, hieß es im Verfassungsschutzbericht für 2023. „Ein wesentlicher Grund dafür ist die vor Ort überaus agile Zivilgesellschaft.“
In dem Dorf Rutenberg in der Uckermark gründete sich eine Bürgerinitiative, um zu verhindern, dass das „Königreich Deutschland“ dort Fuß fassen und Land kaufen kann. Das Bündnis stemmte sich gegen eine „völkische Landnahme“, wie es auf Flugblättern hieß.
In Brandenburg gilt zudem der südliche Landkreis Elbe-Elster an der Grenze zu Sachsen als Schwerpunkt der Szene. Die Anzahl der Anhänger des „Königreich Deutschlands“ liegt laut Verfassungsschutz „im niedrigen zweistelligen Bereich“. Die Inhaberin einer Heilpraktiker-Praxis in Golzow (Potsdam-Mittelmark) gehöre dazu, ebenso eine „Energietherapeutin“ in Blankenfelde-Mahlow (Teltow-Fläming).
(mit dpa)
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